Im Tarifstreit bei Volkswagen drängt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil auf eine Einigung vor Weihnachten. «Wir spüren alle, wie dieses Thema in Niedersachsen an den Nerven der Bürgerinnen und Bürger zehrt», sagte der SPD-Politiker im Landtag in Hannover in einer Unterrichtung zur Lage des größten Autobauers in Europa. Diesen Zustand über die Festtage ins neue Jahr zu schleppen, sei nicht zumutbar.
Die Zeit werde knapp, doch eine Einigung könne gelingen. «Ich fordere alle Beteiligten eindringlich auf, die verbleibenden Tage dafür intensiv zu nutzen.» Die Diskussion der vergangenen Monate habe dem Konzern geschadet. «Vor diesem Hintergrund ist es dringend angeraten, alle Möglichkeiten zu nutzen, zeitnah ein Ergebnis zu erzielen», betonte Weil.
Positionen der Landesregierung
Für Grünen-Fraktionschefin Anne Kura sei klar: «Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger ist das für alle Beteiligten.» Doch wer Krisen bewältigen wolle, müsse an die Ursache ran. Und die Ursache seien im Fall von VW nicht die Beschäftigten. «Nein, die Beschäftigten sind Rückgrat und Basis von VW», sagte Kura. «Deshalb darf die Krise jetzt nicht einseitig zu ihren Lasten gehen.»
Die Positionen der rot-grünen Landesregierung seien unverändert. Erstens: Volkswagen müsse wettbewerbsfähig sein und dafür seine Kosten senken. Zweitens: «Werksschließungen lehnen wir ab und drängen auf alternative Lösungen», sagte Weil. Und drittens: Betriebsbedingte Kündigungen müssten vermieden werden, um den sozialen Frieden zu wahren.
Kritik aus der CDU: Weil trägt Mitschuld
Von der Opposition gab es dafür heftige Kritik. Weil habe heute nichts Neues präsentiert, sagte CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner. «Kein neuer Ausblick, keine neue Lösung, kein neuer Durchbruch.» Das sei peinlich. Der Ministerpräsident, der für das Land im VW-Aufsichtsrat sitzt, werde nicht ernst genommen und habe keine Kontrolle. «Sie wissen nicht, was da läuft», sagte Lechner zu Weil.
«Die wichtigste Entscheidung dieses Landes geht einfach an Ihnen vorbei.» Dabei habe der Ministerpräsident «das ganze Schlamassel» durch Entscheidungen im Aufsichtsrat mitzuverantworten. Weil müsse nun mutiger werden und den Streit bei VW «zu einem guten Ende moderieren, und zwar vor Weihnachten», sagte Lechner, der auch einen Verzicht der VW-Aktionäre auf Dividendenausschüttungen forderte.
AfD will Werk in Osnabrück flexibel nutzen
Das, was Weil zur Situation bei VW berichtete, bezeichnete der AfD-Abgeordnete Omid Najafi als einen «Hauch von Nichts». Der Ministerpräsident habe keine Lösungen parat. «Wir müssen den VW-Mitarbeitern für kommendes Weihnachten etwas Gutes bieten», forderte Najafi. Deutschland brauche VW – und VW brauche Deutschland.
Das Werk in Osnabrück drohe wegzubrechen. Ab Ostern 2026 gebe es keine Aufträge. Weil solle seine Kontakte zu Rüstungskonzernen spielen lassen. Schließlich könne das Werk flexibel genutzt werden, etwa zur Produktion von Zivil- und Grenzschutzfahrzeugen.
Land hat Veto-Recht
Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte im VW-Konzern. Ministerpräsident Weil und seine Stellvertreterin Julia Willie Hamburg (Grüne) sitzen für das Land im Aufsichtsrat. Zusammen mit den Arbeitnehmervertretern haben sie dort die Mehrheit, bei wichtigen Entscheidungen hat das Land ein Veto-Recht. Die Tarifgespräche sollen am kommenden Montag und Dienstag fortgesetzt werden.
VW fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns von den Mitarbeitern eine Lohnkürzung von zehn Prozent und will zudem diverse Boni und Zulagen streichen. Auch Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen stehen weiter im Raum. Die IG Metall fordert dagegen den Erhalt aller Standorte und eine Beschäftigungsgarantie für die rund 130.000 Mitarbeiter. Dauerhafte Einschnitte beim Monatslohn lehnt sie ab.
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