Die internationale Containerschifffahrt im Roten Meer und im Suezkanal ist wegen des anhaltenden Konflikts im Nahen Osten nach einer geringfügigen Erholung wieder zurückgegangen. Gegenwärtig fahren täglich noch etwa 40 Containerschiffe durch das Rote Meer, im vergangenen Jahr waren es durchschnittlich deutlich mehr als 100 Schiffe, wie das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Montag in seinem Trade Indicator mitteilte. Nachdem die Zahl der Schiffe zwischenzeitlich wieder auf rund 50 gestiegen sei, liege sie nun wieder nahe am Tiefpunkt von Mitte Januar.
Die Folgen für die Häfen an der Nordsee mildern sich aber nach Einschätzung des Instituts ab. Hatten die Angriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz auf die Handelsschifffahrt zunächst zu einer Unterbrechung der üblichen Seeroute durch den Suezkanal geführt und zweiwöchige Verspätungen wegen des Umwegs um Afrika herum verursacht, normalisiere sich die Schiffsfrequenz in den Häfen inzwischen wieder.
Legten im Dezember vergangenen und im Januar dieses Jahres nach Angaben des Instituts noch rund 25 Prozent weniger Schiffe in Hamburg, Bremerhaven, aber auch in Rotterdam und Antwerpen an, habe sich diese Lücke im Februar auf rund 15 Prozent reduziert. Bremerhaven liege sogar zwei Prozent im Plus. Auch die Frachtraten für den Transport eines Standardcontainers von China nach Nordeuropa stabilisierten sich. Seit ihrem Höhepunkt Mitte Januar mit annähernd 5500 Euro (6000 US-Dollar) pro Container sei der Spotpreis kontinuierlich auf derzeit rund 4100 Euro (4500 US-Dollar) gesunken.
Wegen des Umwegs setzen die Reedereien nach Einschätzung des Instituts inzwischen wohl auch mehr Schiffe ein, um die enge Hafentaktung gewährleisten zu können. So sei die Zahl der Containerschiffe, die täglich auf See unterwegs sind, von Januar auf Februar leicht um 0,3 Prozent gestiegen und liege derzeit bei rund 5450 Schiffen.
«Auch wenn die gesamtwirtschaftlichen Folgen überschaubar sind: Die abermalige Unterbrechung gewohnter Handelsrouten im Nadelöhr des Roten Meeres trifft auf eine sensibilisierte Stimmung für geoökonomische Risiken und Abhängigkeiten», warnte IfW-Forschungsdirektor Julian Hinz. Deutschland und Europa seien wirtschaftlich so wohlhabend, weil sie offene Volkswirtschaften seien, die vom Handel lebten. «All dies spricht für die Diversifizierung von Lieferketten und Handelspartnern, um Abhängigkeiten von einzelnen Zulieferern, Ländern, aber auch Handelsrouten zu reduzieren.»
Mit dem Beschuss von Schiffen im Roten Meer wollen die militant-islamistischen Huthi ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen erzwingen, die auf das beispiellose Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober folgten. Angesichts der Gefahren meiden große Reedereien die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa. Um die Schifffahrtsroute zu schützen, greifen die USA, Großbritannien und ihre Verbündeten inzwischen immer wieder Ziele der Huthi im Jemen an.
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