Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann hat sich skeptisch über die von der Bundesregierung geplante Herabstufung der Straftat Schwarzfahren zu einer Ordnungswidrigkeit geäußert. «Es ist nicht auszuschließen, dass künftig auch Menschen keinen Fahrschein mehr kaufen werden, die bislang – unter der Strafandrohung – noch das Beförderungsentgelt bezahlt haben», sagte die SPD-Politikerin der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung». «Die Folge dürften erhöhte Fahrpreise sein, die jene zu zahlen hätten, die sich an die Regeln halten», warnte sie. «Das kann nicht gewollt sein.»
Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte im November Eckpunkte für eine Reform des Strafgesetzbuches vorgelegt, die das Schwarzfahren entkriminalisieren soll. Das Fahren ohne gültigen Fahrschein sollte demnach in Zukunft nicht mehr als Straftat behandelt werden, sondern als Ordnungswidrigkeit. Ein Sprecher seines Ministeriums sagte kürzlich, Ziel sei, zeitnah einen Entwurf vorzulegen.
Wahlmann: Kommunen könnten zusätzlich belastet werden
Wahlmann betonte, als betrugsartiges Delikt müsse das Erschleichen von Leistungen ebenso sanktioniert werden wie andere Betrugsdelikte auch: «Ob das im bisherigen Rahmen des Strafgesetzbuches erfolgt oder ob die Leistungserschleichung zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden sollte, können wir gerne diskutieren.»
Sie warnte auch davor, dass Kommunen zusätzlich belastet würden: «Die Betroffenen müssten in Zukunft anstatt einer Geldstrafe ein Bußgeld bezahlen. Auch das muss eingetrieben werden – zwar nicht durch die Justiz, dafür aber durch die Kommunen, auf die dann Mehrarbeit zukommt.»
Haft wird nicht zwangsläufig vermieden
Die Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit werde auch nicht wie erhofft dazu führen, Haft zu vermeiden, sagte die Ministerin der Zeitung. Wer eine Geldbuße nicht zahle, lande ebenso in Haft wie jemand, der eine Strafe nicht leiste. Die CDU lehnte Änderungen an der Strafbarkeit des Schwarzfahrens ab: «Wir haben es häufig mit Mehrfachtätern zu tun, die mit Vorsatz schwarzfahren und besonders diese Personengruppe soll wissen, dass der Staat sich nicht alles gefallen lässt», sagte der Landtagsabgeordnete Christian Calderone der Zeitung.
Dem Bericht zufolge stellen Verkehrsunternehmen wie die Üstra in Hannover etwa 148.000-mal im Jahr zusätzlich zum erhöhten Beförderungsentgelt einen Strafantrag. In etwa 7.000 Fällen kommt es zur sogenannten Erzwingungshaft, weil die Betroffenen eine Geldstrafe nicht zahlen können.
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