Trotz Verlusten ihrer SPD bei der Europawahl und schlechter Zustimmungswerte für den Bundeskanzler haben sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher hinter Olaf Scholz gestellt. Die Probleme des Kanzlers seien weniger in seiner Person als vielmehr in der Koalition mit Grünen und FDP begründet, mit denen er im Bund regieren müsse, sagten sie am Dienstag im Podcast «N Klub fragt nach?!», der im Theater Schmidtchen auf der Reeperbahn aufgezeichnet wurde.
Die heftige Kritik an der Kommunikation des Kanzlers teilten sie so nicht. Scholz sei in einer extrem schwierigen geopolitischen Lage unterwegs, sagte Tschentscher. «Es gibt so viele Themen gleichzeitig wie wahrscheinlich noch nie in den letzten 40 Jahren.» In solchen Zeiten müssten auch für Politiker «mildernde Umstände» gelten. «Vor dem Hintergrund bin ich ziemlich froh, dass Olaf Scholz cool ist, dass er sich auf die wichtigsten Themen konzentriert.» Er sei auch «ziemlich sicher, dass Olaf Scholz die nächste Bundestagswahl wieder gewinnen kann», sagte Tschentscher.
Für Weil geht ein großer Teil der Kritik an Scholz am Problem vorbei. Es gehe nicht um einen Beauty Contest (Deutsch: Schönheitswettbewerb), sagte er. Olaf Scholz habe sich im Übrigen nicht verändert. «Er war höchst erfolgreicher Hamburger Bürgermeister. Er war höchst erfolgreicher Bundesfinanzminister und jetzt ist er Bundeskanzler - aber er hat sich nicht verändert. Wo ist das Problem?»
Zudem verhindere der «merkwürdige Modus in dieser Ampel - dass sie sich ununterbrochen streiten wie die Kesselflicker» - eine anständige Kommunikation der Probleme und Entscheidungen, sagte Weil. «Wir wünschen uns gerade, dass jemand auf den Tisch haut und dann schlagen alle die Hacken zusammen und dann geht es in diese Richtung. Aber das ist mehr, als man in unserem politischen System so haben kann.» Für das Problem in der Regierung gelte wie im richtigen Leben: «Eine Zweierbeziehung ist leichter als eine Dreierbeziehung.»
Dennoch müsse die Politik der Sozialdemokraten nicht nur vom Kopf her, sondern auch von Herzen vermittelt werden, räumte der niedersächsische Ministerpräsident ein. Hier gebe es Verbesserungspotenzial. «Wir machen das zu cool, wir sind zu nüchtern. Und es ist gerade für Norddeutsche durchaus eine Herausforderung, da den Schalter umzulegen.»
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