In der Debatte über eine höhere Bezahlung einer engen Mitarbeiterin von Ministerpräsident Stephan Weil erhöht die CDU-Landtagsfraktion den Druck. Am Mittwoch brachte sie einen Antrag ins Plenum ein - sie will einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Die CDU sieht es als rechtswidrig an, dass eine enge Mitarbeiterin des SPD-Politikers durch eine kurzfristige Änderung eine höhere Vergütung erhielt. Die Staatskanzlei weist die Vorwürfe zurück. Der Ministerpräsident äußerte sich im Landtag zunächst nicht.
CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Lechner kritisierte den Ministerpräsidenten erneut: «Herr Ministerpräsident, wenn ein Mitarbeiter in der Staatskanzlei oder im Finanzministerium diese Entscheidung getroffen hätte, dann wäre höchstwahrscheinlich ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet worden. Es war aber kein Mitarbeiter, die haben alle widersprochen, sondern es war der Ministerpräsident dieses Landes. Und das war ein großer Fehler.» Lechner sprach von einer «Turbo-Beförderung» und «SPD-Gehaltsaffäre».
Lechner warf Weil vor, die höhere Bezahlung zu rasch umgesetzt zu haben. «Und dann diese Eile. Warum? Was hat Sie denn getrieben? Wieso geht ein so erfahrener Regierungschef ein solches Risiko ein?», sagte Lechner. Mit Blick auf ein Zeitungsinterview des Ministerpräsidenten vor wenigen Tagen, betonte Lechner, es klinge für ihn nicht, als ob sich Weil gräme, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben. «Sondern es klingt, als ob Sie sich Gedanken darüber machen, dass Sie Ihr Vorgehen hätten, klüger und besser verstecken können», sagte der CDU-Politiker in Richtung des Ministerpräsidenten. AfD-Politiker Peer Lilienthal sagte, das Vorgehen von Weil sei ein Zeichen von Amtsmüdigkeit.
Wichtige Weil-Mitarbeiterin erhält knapp 1900 Euro mehr im Monat
Die Mitarbeiterin ist laut Staatskanzlei seit etwas mehr als einem Jahr in der Staatskanzlei angestellt, die Probezeit lief im Sommer vergangenen Jahres ab. Sie arbeitet weiterhin dort. Durch die Änderungsvereinbarung erhöhte sich ihr Entgelt den Angaben zufolge um knapp 1900 Euro brutto im Monat.
Eine Regierungssprecherin teilte jüngst mit, dass auch für diesen Arbeitsplatz eine Besoldungsgruppe vorgesehen sei, nach der auch die Vorgängerinnen und Vorgänger bezahlt worden waren. Die derzeitige Mitarbeiterin sei jedoch keine Beamtin, sondern Beschäftigte. Nach Ablauf der Probezeit sei deswegen die Anhebung gegenüber dem vorangegangenen Gehalt erfolgt. Somit erhält die Mitarbeiterin nun so viel Geld im Monat bei Vorliegen der personalrechtlichen Voraussetzungen wie die vorherigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Posten.
Weil äußert sich im Landtag nicht
Weil hatte in der vergangenen Woche Fehler eingeräumt. Er äußerte sich am Mittwoch nicht im Plenum. Weil verwies in der Vergangenheit darauf, dass der Mitarbeiterin nach der zuletzt üblichen Praxis das jetzige Gehalt erst nach etwa acht bis zehn Jahren zugestanden hätte.
«Wir haben uns die Sache durch den Ablauf wahrscheinlich selber schwer gemacht», sagte Weil in der vergangenen Woche der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Wir haben die Diskussion sicher unterschätzt.» Man hätte zunächst die Änderung der früheren Verwaltungspraxis in aller Ruhe vornehmen sollen, «vielleicht zunächst auch den einen oder anderen Fall aus anderen Häusern von der Neuregelung profitieren lassen sollen», sagte Weil in dem Interview.
SPD-Politiker wirft CDU Schmutzkampagne vor
Wiard Siebels, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, schlug vor, dass am Mittwoch direkt die zweite Beratung über den CDU-Antrag erfolgen sollte, damit der Untersuchungsausschuss früher seine Arbeit aufnehmen kann. Dies lehnte die CDU ab. Siebels sagte, die Vorwürfe seien aus der Luft gegriffen und haltlos.
Siebels warf der CDU eine Schmutzkampagne vor. «Alles was bleibt, ist der Versuch einer Schmutzkampagne. Diese Schmutzkampagne wird aber scheitern.» Siebels kündigte an, dass sich die SPD die Beförderungspraxis in CDU-geführten Häusern in der vergangenen Legislaturperiode anschauen werde. Die CDU war in der vergangenen Legislaturperiode Koalitionspartner der SPD.
Im Zuge der Debatte richtete sich der Blick auch auf Staatskanzleichef Jörg Mielke. Lechner sagte, man werde die Rollen aller daran Beteiligten beleuchten und auch hinterfragen. Er halte das Agieren des Staatskanzleichefs sowohl in den Ausschüssen als auch in Erklärungen für höchst fragwürdig. «Aber die Verantwortung dafür trägt der Ministerpräsident.»
Was ein Untersuchungsausschuss bedeutet
Nun wird voraussichtlich im April-Plenum der Untersuchungsausschuss eingesetzt, der dann kurz danach seine Arbeit aufnehmen könnte. Der letzte parlamentarische Untersuchungsausschuss wurde 2017 im Landtag eingesetzt, in der bisherigen Geschichte des Landesparlaments wurden 24 dieser Ausschüsse abgeschlossen. Laut Landesverfassung muss der Landtag einen Untersuchungsausschuss einsetzen, wenn dies von einem Fünftel der Landtagsmitglieder beantragt wird. Die CDU-Landtagsfraktion stellt mehr als ein Fünftel der Landtagsmitglieder.
In solchen Ausschüssen werden überwiegend mögliche Missstände in Regierung und Verwaltung überprüft. Laut Landtag kann ein solcher Ausschuss Zeugen und Sachverständige vernehmen und sonstige Ermittlungen durch Gerichte und Verwaltungsbehörden vornehmen lassen.
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