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Niedersachsen muss Wahlkreise bis 2027 neu einteilen

Niedersachsens Staatsgerichtshof um Präsident Wilhelm Mestwerdt hat entschieden, dass die Wahlkreise bis 2027 neu gestaltet werden müssen. (Archivbild) / Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Niedersachsens Staatsgerichtshof um Präsident Wilhelm Mestwerdt hat entschieden, dass die Wahlkreise bis 2027 neu gestaltet werden müssen. (Archivbild) / Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Aus der Niedersachsen-Wahl im Herbst 2022 war die SPD um Ministerpräsident Weil klar als Sieger hervorgegangen. Doch die Einteilung der Wahlkreise verstieß gegen die Verfassung.

Der Zuschnitt der Wahlkreise in Niedersachsen muss bis zur nächsten Landtagswahl 2027 neu geordnet werden. Das hat der Staatsgerichtshof in Bückeburg dem Landtag aufgetragen. Eine Beschwerde, die Landtagswahl 2022 sei deshalb ungültig, wies das Verfassungsgericht jedoch als unbegründet zurück.

Die nächste Landtagswahl findet regulär frühestens im Juli 2027 und spätestens im November 2027 statt. Bis dahin besteht nach Ansicht der Richter genug Zeit, um das Wahlrecht zu ändern. Auch die Parteien hätten noch genügend Vorbereitungszeit.

CDU: Weniger Wahlkreise in Regionen mit sinkender Einwohnerzahl

SPD-Fraktionsmanager Wiard Siebels sagte, für 32 der 87 Wahlkreise löse das Urteil einen direkten Handlungsbedarf aus. Allerdings seien Kettenreaktionen zu erwarten, wodurch fast alle Wahlkreise betroffen sein könnten. Dabei werde es schwieriger als bisher, historische und landsmannschaftliche Zusammenhänge sowie Gebietsgrenzen zu berücksichtigen. «Wir gehen nun davon aus, dass es als ersten Schritt einen neuen Vorschlag der Landeswahlleitung zum Zuschnitt der Wahlkreise geben wird», sagte Siebels.

CDU-Chef Sebastian Lechner sagte, seine Fraktion habe schon bei der letzten Wahlkreisreform mehr ändern wollen, allerdings sei das mit der SPD nicht möglich gewesen. «Die nun anstehende Wahlkreisreform muss dazu führen, dass in Regionen mit Bevölkerungsschwund Wahlkreise entfallen und dort hingegeben werden, wo wir Bevölkerungswachstum haben», forderte Lechner.

Welche Fehler das Gericht feststellte

Aus der Urteilsbegründung geht hervor, dass die durchschnittliche Zahl der Wahlberechtigten je Wahlkreis bei der Wahl am 9. Oktober 2022 bei 69.710 lag. Im Wahlkreis Lüneburg-Land lag sie jedoch um etwas mehr als 25 Prozent darunter, im Wahlkreis Aurich dagegen um knapp 26 Prozent darüber. In 30 weiteren Wahlkreisen lag die Abweichung bei mehr als 15 Prozent.

Das waren zu viele Abweichungen, monierte der Staatsgerichtshof, denn grundsätzlich habe der Gesetzgeber anzustreben, dass die Wahlkreise annähernd gleich groß sind, damit die Stimme jedes Einzelnen die gleiche Erfolgschance hat. Die bisherige Wahlkreiseinteilung werde der regionalen Verteilung der Wahlberechtigten jedoch nicht gerecht.

Das Gericht bemühte dafür das Bild einer Ampel: Eine Abweichung der Zahl der Wahlberechtigten von bis zu 15 Prozent sei noch im grünen Bereich. Eine Abweichung von 15 bis 25 Prozent sei dagegen als gelber Bereich nur in wenigen Ausnahmefällen zulässig. Und eine Abweichung von mehr als 25 Prozent – der rote Bereich – sei stets ein Verstoß gegen die Verfassung.

Keine Wiederholungswahl: Fehler soll berichtigt werden

Die Richter lieferten in ihrer Begründung auch ein Beispiel mit, wie ein Wahlkreis auf die tolerable Größe hätte gebracht werden können: Demnach wäre es für den Wahlkreis Aurich «ohne weiteres möglich gewesen», die Gemeinden Großheide oder Großefehn dem Wahlkreis Wittmund/Inseln zuzuordnen. Damit hätte der Wahlkreis Aurich nur noch um rund 7 bis 13 Prozent über dem Durchschnitt gelegen statt um fast 26 Prozent – und das, ohne den Wahlkreis Wittmund/Inseln zu stark zu vergrößern.

Mit Blick auf die vom Antragsteller geforderte Wiederholungswahl erklärte der Staatsgerichtshof indes, ein Wahlfehler sei vorrangig zu berichtigen, anstatt die Wahl zu wiederholen. Um die Wahl für ungültig zu erklären, hätte der Wahlfehler demnach so gravierend sein müssen, dass ein Fortbestand des gewählten Landtags «unerträglich erschiene».

Wahlanfechtung um AfD-«Kriegskasse» wurde abgewiesen

Erst vor einer Woche hatte das Gericht auch in einem anderen Verfahren gegen eine Wiederholungswahl entschieden. Darin ging es um den Vorwurf, die AfD habe für aussichtsreiche Listenplätze von ihren Kandidaten Einzahlungen in eine sogenannte Kriegskasse verlangt. Zudem habe die Partei ihre Kandidatenliste entgegen ihrer Satzung in einer Delegierten- statt einer Mitgliederversammlung aufgestellt. Der Staatsgerichtshof stellte jedoch keinen Wahlfehler fest. 

Der Landtag hatte die Wahleinsprüche in beiden Fällen im vergangenen Jahr abgewiesen.

SPD um Ministerpräsident Weil hatte Wahl klar gewonnen

Aus der Landtagswahl 2022 war die SPD um Ministerpräsident Stephan Weil mit 33,4 Prozent der Stimmen als Sieger hervorgegangen. Die CDU belegte mit 28,1 Prozent den zweiten Platz, gefolgt von den Grünen (14,5 Prozent) und der AfD (11,0 Prozent). Die FDP verpasste den Verbleib im Landtag mit 4,7 Prozent.

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