Der Energiekonzern RWE hat im emsländischen Lingen eine Pilotanlage zur Produktion von grünem Wasserstoff in Betrieb genommen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) würdigte die Ingenieursleistung. «Hier wird nicht nur Klimaschutz betrieben, hier wird auch Industriepolitik betrieben», sagte er. Die Anlage sei ein wichtiger Meilenstein für die Energiewende.
Der Bundesregierung sei es gelungen, innerhalb von drei Jahren das Versäumnis, noch kein modernisiertes Stromnetz für die Einspeisung erneuerbarer Energien aufgebaut zu haben, zu korrigieren. «Wir können unglaublich viel erreichen, wenn wir uns unterhaken.» Wasserstoff aus erneuerbaren Energien sei wichtig, um von fossilen Energieträgern wegzukommen.
Wasserstoff könnte für Stahlherstellung eingesetzt werden
«Es sind klimaneutrale Moleküle für all die Bereiche, die nicht elektrisch erschlossen werden können», sagte Habeck. Wasserstoff soll künftig etwa in der Stahlproduktion eingesetzt oder für die Herstellung von Flugzeugkraftstoff verwendet werden.
Zuvor nahm Habeck bei einer Umspannanlage des Netzbetreibers Amprion eine Anlage in Betrieb, die mit Blick auf die Einspeisung erneuerbarer Energien die Stabilität des Stromnetzes garantieren soll. Nach Angaben von Amprion soll bis 2029 an dem Standort der leistungsstärkste Netzknoten Deutschlands entstehen. Dort soll Strom von den Offshore-Anlagen vor der ostfriesischen Küste in das Netz verteilt werden.
Lingen sei einer der Kernknotenpunkte des deutschen Stromnetzes, sagte RWE-Vorstandsvorsitzender Markus Krebber. In den kommenden Jahren solle die Produktion von grünem Wasserstoff an dem Standort weiter ausgebaut und an industrielle Abnehmer geliefert werden.
Vom Atomkraftwerk zur Wasserstoff-Pilotanlage
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte, Lingen sei ein Beispiel für die gelingende Transformation der Energiewirtschaft. Im vergangenen Jahr wurde auf dem Lingener RWE-Gelände eines der letzten Atomkraftwerke Deutschlands abgeschaltet. «Niedersachsen wird auf der Energiekarte Deutschlands künftig eine wichtige Rolle spielen», erklärte Weil. Das Land sei bereits das wichtigste Windenergieland, diese Stellung wolle seine Regierung ausbauen.
Die Pilotanlage soll bis zu 270 Kilogramm Wasserstoff pro Stunde erzeugen. Der Strom dazu soll unter anderem von den Windkraftanlagen vor der ostfriesischen Küste in der Nordsee kommen. Mit der Anlage wolle RWE Erfahrung sammeln mit zwei Elektrolyse-Technologien, die für künftige Großanlagen im industriellen Maßstab wichtig seien, hieß es.
Bis 2025 will RWE an dem Standort eine Wasserstofferzeugungsanlage mit einer Leistung von 100 Megawatt in Betrieb nehmen, die bis 2027 auf eine Leistung von 300 Megawatt ausgebaut wird.
Millionenschwere Förderung
Die Pilotanlage wurde vom Land Niedersachsen mit acht Millionen Euro gefördert. Für den Bau der 300-MW-Anlage gibt es Förderzusagen vom Bund und vom Land in Höhe von 490 Millionen Euro.
Der in der Pilotanlage erzeugte Wasserstoff solle in einem ausgiebigen Testprogramm zunächst dem Brennstoff für eine Gasturbine im benachbarten RWE-Gaskraftwerk beigemischt werden, hieß es. Von Mitte des kommenden Jahres an sollen auch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge mit dem dort hergestellten Wasserstoff betankt werden.
RWE will den in Lingen erzeugten Wasserstoff an industrielle Abnehmer in Niedersachsen und in NRW liefern.
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