Das Land Niedersachsen will mit Investitionen von Millionen Euro die Renaturierung der Flüsse und Bäche vorantreiben. «Wir müssen schneller werden», sagte Umweltminister Christian Meyer zum Jahresbericht des niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). «Man hätte in den letzten 20 Jahren mehr tun müssen», räumte der Grünen-Politiker ein. Der Minister sprach von einer «Jahrhundertaufgabe».
Bislang geht es den meisten Flüssen und Bächen im Land schlecht, nur drei Prozent der Gewässer sind den Angaben zufolge in einem guten ökologischen Zustand. Um naturnahe Gewässer zu schaffen, stehen allein an Landesmitteln 22 Millionen Euro im laufenden Jahr zur Verfügung, wie aus dem Bericht hervorgeht.
Dazu kommen rund 2,6 Millionen Euro für den Erwerb von Flächen, außerdem sollten das mit 3,5 Milliarden Euro ausgestattete «Aktionsprogramm natürlicher Umweltschutz» des Bundes sowie EU-Mittel stärker genutzt werden. Die Landesmittel seien in der Vergangenheit gesteigert worden, sagte NLWKN-Direktorin Anne Rickmeyer.
92 Vorhaben geplant
Geplant sind im laufenden Jahr dem Bericht zufolge 92 entsprechende Vorhaben etwa an der Hase, Bückeburger Aue, Oker, Wagenfelder Aue, Aller, Seeve, Este und Hunte. Ziel sei, die Widerstandsfähigkeit der Flüsse und Bäche zu verbessern, sagte Petra Heidebroek, die Leiterin des NLWKN-Geschäftssegments landesweiter Naturschutz. «Das erreichen wir durch die Entwicklung naturnaher Zustände der Gewässer und ihrer Auen.» Dies diene dem Aufbau eines landesweiten Biotopverbunds, für den die Fließgewässer ein wichtiges Bindeglied seien.
Das meiste Trinkwasser stammt aus Grundwasser
Denn den Trend zu «mehr Dürre und Trockenheit müssen wir mitdenken, wenn wir uns Gedanken darüber machen, wie wir unsere Gewässer künftig bestmöglich weiterentwickeln und schützen können», sagte Meyer. Nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen habe es weniger geregnet als im März 2025, Niedersachsen gehöre bundesweit zu den niederschlagsärmsten Regionen, warnte er. Künstliche und in früheren Jahrzehnten begradigte und aufgestaute Gewässer leiden nach Angaben des Landesbetriebs am meisten unter dem Klimawandel.
Der Minister betonte, rund 87 Prozent des Trinkwassers stammten aus dem Grundwasser, der Rest aus Talsperren. Er mahnte an, die Grundwasserneubildung mit Hilfe renaturierter Gewässer zu stärken. Denn dafür stand nach Angaben des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie im März so wenig Wasser wie nie zur Verfügung. Im Vergleich zur üblichen Menge fehlten demnach 39 Liter pro Quadratmeter - noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war das Defizit bei der sogenannten klimatischen Wasserbilanz so groß.
Naturnahe Gewässer auch für Hochwasserschutz wichtig
Dagegen reagierten naturnahe Gewässer deutlich robuster und resilienter auf den Klimawandel, sagte Jörn Drosten von der NLWKN-Direktion. Die Erfahrungen zeigten, dass Hochwasser höher und Niedrigwasser niedriger ausfielen als in der Vergangenheit - naturnahe Gewässer reagierten darauf unempfindlicher und bräuchten weniger Pflege. Beim Hochwasser Ende 2023 und Anfang 2024 sei festzustellen gewesen, dass naturnahe Gewässer bei der Bewältigung der Wassermassen deutlich weniger Aufwand bereiteten - also günstiger seien in Hochwasserlagen.
Das Land unterhält nur einen kleinen Teil der niedersächsischen Gewässer - rund 1.100 Gewässerkilometer. Diese stünden allerdings eher schlechter da als der Rest, sagte Drosten. Eine Untersuchung an 13 Gewässern in Niedersachsen zeigte den Angaben zufolge, dass Revitalisierungsprojekte an längeren Flussstrecken wie etwa am Wümme-Nebenfluss Wörpe und der Melstruper Beeke im Emsland enormes Potenzial hätten. An kürzeren Abschnitten gibt es demnach öfter Schwierigkeiten.
«Masterplan Wasser» kommt im Sommer
«Gewässer brauchen ihre natürlichen Entwicklungsräume und Überschwemmungsgebiete in den Auen – die Auen wiederum sind von den Gewässern und deren Zustand abhängig», sagte Meyer. «Sind diese Zusammenhänge gestört, wird das für viele Tier- und Pflanzenarten zu einem lebensbedrohlichen Problem.» In einem neuen Kompetenzzentrum bündelt der Landesbetrieb seit April die Aufgaben rund um naturnähere Gewässer. Dessen Leiterin Nadja Amaro betonte, entscheidend sei, Flächen für die Gewässer zu akquirieren.
Meyer erklärte, von 28 Seen im Land sei einer in gutem ökologischem Zustand, zehn entwickelten sich positiv. Der Minister kündigte an, der von der Landesregierung geplante «Masterplan Wasser» werde im Sommer vorgelegt -dieser solle die Folgen des Klimawandels für die Wasserversorgung eindämmen.
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