Ein Jahr nach der endgültigen Abschaltung des Kernkraftwerks Emsland in Lingen weisen Atomkraftkritiker auf noch bestehende Risiken auf dem Kraftwerksgelände hin. Nach wie vor lagere auf dem Gelände noch radioaktiver Abfall, sagte Alexander Vent vom Bündnis Atomkraftgegner*innen im Emsland (AgiEL): «Wir wissen immer noch nicht, was damit passieren soll.» Im Moment gebe es Prognosen, wonach das Material frühestens im Jahr 2100 von dem Gelände beseitigt werde - falls bis zum 2080 ein Endlager gefunden und dieses fertiggestellt wurde.
«Wir hinterlassen unseren Kindern und Kindeskindern in Lingen einen riesengroßen Berg gefährlichen, giftigen, strahlenden Materials», erklärte Vent. Er verwies auch auf die in Lingen ansässigen Brennelementfabrik und deren Pläne, künftig Brennstäbe für Atomkraftwerke russischer Baumuster produzieren zu wollen. «Der Atomausstieg hat in Lingen noch nicht stattgefunden, da sind wir noch ganz weit entfernt davon.»
Froh seien die Atomkraftgegner und -Gegnerinnen allerdings darüber, dass seit der Abschaltung die Gefahr eines großen Unfalls nicht mehr bestehe. «Die akute Gefahr, die von einem laufenden Atomkraftwerk ausgeht, ist jetzt auf jeden Fall Geschichte», erklärte Vent.
Atomkraftbefürworter machen auf den wegen des Ukraine-Kriegs gestiegenen Energiepreis aufmerksam. Er habe nach wie vor kein Verständnis dafür, dass die Bundesregierung in einer Mangelsituation die letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet hat, sagte der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, Volker Müller. Die Energieversorgung sei wegen des Atomausstiegs aus seiner Sicht zwar nicht unsicherer geworden, aber doch teurer. «Deshalb hätte man die Atomkraft verlängern sollen, nicht unbestimmt, sondern für die Krisenzeit», sagte Müller. Gleichzeitig hätte man die Energiewende weiter nach vorn bringen müssen.
Am 15. April 2023 wurden mit den Atomkraftwerken in Lingen, Neckarwestheim 2 und Isar 2 die drei letzten Kernkraftwerke in Deutschland vom Netz genommen.
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