Ein Mann hat gestanden, viel zu schnell vor der Polizei geflüchtet zu sein und deshalb seinen Freund auf dem Gewissen zu haben. Er bedauere die tödliche Fahrt, sagte der Angeklagte zu Prozessbeginn am Amtsgericht Westerstede. «Scheiße ging's mir danach», sagte der 23-Jährige. «Ich war am Boden.» Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten verbotenes Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge vor, aber auch Diebstahl, Betrug, Gefährdung des Straßenverkehrs und Fahrerflucht.
Er habe sich Ende September mit ein paar Freunden auf dem Marktplatz in Edewecht (Landkreis Ammerland) getroffen, sagte der Angeklagte vor Gericht. Sie hätten gemeinsam Bier getrunken, Kokain, Speed und eine besonders starke Variante von Ecstasy genommen. Seine Freunde hätten ihn überredet, ein Auto zu klauen.
Wettrennen mit der Polizei im Drogenrausch
Im Rausch sei er über ein gekipptes Fenster in eine Firma eingebrochen, habe dort mehrere Autoschlüssel mitgehen lassen und sei mit einem Wagen davongefahren, berichtet der 23-Jährige. Er habe seinen Freund mit dem Auto abgeholt, in Oldenburg getankt und beide seien ohne zu bezahlen weitergefahren. Auf der Fahrt hätten sie diskutiert, wie sie ihre Schulden wegen der Drogen begleichen können. Er sei so vertieft in die Debatte gewesen, dass er an einer ausgeschalteten Ampel gehalten habe. So habe er die Aufmerksamkeit der Polizei geweckt, die nach dem Tankbetrug schon nach dem Auto fahndete.
Der Angeklagte sagte, er habe den Wagen beschleunigt, sei durch die Stadt und schließlich auf die Autobahn Richtung Bremen gefahren. Auf der Flucht vor der Polizei habe er zeitweise auf mehr als 200 Kilometer pro Stunde beschleunigt. An der Anschlussstelle Hatten (Landkreis Oldenburg) habe er die Autobahn verlassen, stark abgebremst und sei in einem Graben gelandet. Er habe zu spät bemerkt, dass dabei der rechte hintere Reifen und die Achse des Autos beschädigt wurde.
Flucht vor Polizei endet tödlich
Um sich der Kontrolle endgültig zu entziehen, sei er nach dem Unfall mit bis zu 160 Kilometern pro Stunde weitergefahren, sagte der Angeklagte. Sein Beifahrer habe ihn noch dazu ermutigt. «Er hat mich immer wieder angefeuert, dass ich weiterfahren soll.» In einer Kurve habe er die Kontrolle über das Auto verloren, sei von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum gefahren.
Anfangs habe sein Freund auf dem Beifahrersitz noch geatmet, sagte der Angeklagte. Erst auf dem Polizeipräsidium habe er erfahren, dass sein Freund wenig später im Krankenhaus gestorben sei. Er selbst habe mehrere Schürfwunden erlitten und sich den kleinen Finger gebrochen, sagte der Deutsch-Türke.
Der Anwalt des Angeklagten bekräftigte: «Mein Mandant bereut und bedauert das», sagte der Verteidiger. Bei dem Toten habe es sich um einen engen Freund gehandelt. «Das ist der Super-GAU für ihn gewesen.»
Angeklagter gesteht drei weitere Einbrüche
Nach dem Tod seines Freundes habe er zunächst Angst gehabt, sich wieder ans Steuer zu setzen, räumte der Angeklagte auf Nachfrage ein. «Deshalb war ich auch die meisten Tage angetrunken und auf Droge. Damit habe ich mir den Mut wieder geholt», sagte der 23-Jährige.
Ende Oktober sei er in eine andere Firma eingestiegen, berichtet der Angeklagte. Dort habe er Schlüssel, Werkzeuge und Bierkisten mitgenommen, um Schulden bei einem Freund zu begleichen. Unter Einfluss von Alkohol und Drogen habe er mit einem geklauten Transporter das Firmengelände verlassen. Später in der Nacht soll er den Transporter festgefahren haben. Um das Fahrzeug zu befreien, habe er einen Bagger geklaut. Das Vorhaben sei misslungen.
Außerdem räumte der Angeklagte zwei Wohnungseinbrüche in Bad Zwischenahn Mitte Februar ein. Wieder hatte er es auf Autos abgesehen. «Ich bin Autoliebhaber», erklärte der 23-Jährige. Seinen Führerschein habe er allerdings schon vor Jahren wegen Drogenkonsums verloren. Ein Urteil könnte am Montag (11.30 Uhr) fallen.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten