Propalästinensische Aktivistinnen und Aktivisten haben am Mittwochmorgen ein Protestcamp in einem Gebäude der Universität Bremen errichtet. Nach Polizeiangaben kamen in der Spitze etwa 50 Menschen in der Glashalle auf dem Campus zu der unangemeldeten Kundgebung zusammen. Sie bauten Zelte auf und rollten Transparente aus. «Kritik an Israel ist kein Antisemitismus», war auf einem Plakat zu lesen. Die Uni-Leitung beschloss nach Gesprächen mit den Protestierenden und der Polizei am frühen Nachmittag, das Camp aufzulösen. Nach Aufrufen in sozialen Medien, sich dem Protest anzuschließen, sei diese Entscheidung aus Sicherheitsgründen getroffen worden, teilte die Hochschule mit.
Nach dem Heraustragen einiger Camp-Teilnehmer habe sich zudem vor dem Gebäude eine spontane Versammlung von etwa 100 Menschen gebildet, die sich bis in den Abend zog, sagte ein Polizeisprecher. Man habe deshalb auch die Bundespolizei hinzuziehen müssen. Es wurden Anzeigen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz und Hausfriedensbruchs aufgenommen.
Geräumt wurde das Protestcamp laut Hochschule angesichts des nicht kalkulierbaren Risikos, dass sich aus dem friedlichen Protest eine massiv sicherheitsgefährdende Situation entwickeln könnte. Die Uni Bremen hat das Hausrecht. Die Universitätsleitung hatte nach Hochschulangaben am Vormittag sofort das Gespräch mit den Sprecherinnen und Sprechern des Camps gesucht. Es sei um die Anliegen und Beweggründe der Studierenden gegangen. Sie hätten ihre Forderungen schriftlich der Uni-Leitung übergeben.
«Die Universität Bremen ist in ihrem Selbstverständnis ein Ort der Vielfalt, des Dialogs und des respektvollen und gewaltfreien Miteinanders», teilte die Uni weiter mit. Sie habe den Anspruch, mit Konflikten verantwortungsvoll umzugehen. Gerade deshalb werde die Uni-Leitung mit ihren protestierenden Studierenden in Gespräch bleiben.
An der Universität Leipzig hatten am Dienstag propalästinensische Aktivisten das Audimax besetzt. Der Hörsaal wurde am Abend von der Polizei geräumt. An der Freien Universität Berlin war ebenfalls ein propalästinensisches Camp errichtet worden, das wenig später geräumt wurde.
In den USA gibt es seit mehr als zwei Wochen an zahlreichen Universitäten Proteste gegen das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg und für eine Solidarität mit den Palästinensern. Hintergrund ist das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen steht Israel international in der Kritik.
An niedersächsischen Hochschulen gab es laut Wissenschaftsministerium in Hannover bislang nur kleinere Protestaktionen von propalästinensischen Aktivistinnen und Aktivisten. Gewaltbereite Übergriffe oder Ausschreitungen seien bislang nicht bekannt, sagte eine Ministeriumssprecherin. Vor dem Hauptgebäude der Universität Hannover fand am Mittwoch eine angemeldete Versammlung einer propalästinensischen Gruppe statt. Die Polizei zählte etwa 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Die Landeshochschulkonferenz (LHK) Niedersachsen verfügt nach eigenen Angaben über keine systematisch gesammelten Informationen zu Veranstaltungen an niedersächsischen Universitäten, die als propalästinensisch einzustufen sind. «Unseren Informationen nach gibt es in Niedersachsen aber kein Protestcamp und auch keine Boykott-Forderungen», sagte die LHK-Vorsitzende und Präsidentin der Universität Osnabrück, Susanne Menzel-Riedl.
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