Niedersachsen fordert von der neuen Bundesregierung eine Fortführung des Deutschlandtickets. «Für mich ist klar, dass wir das Ticket langfristig erhalten müssen», sagte Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. «Das müssen wir mit Blick auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen deutlich machen.»
Lies machte klar: «Ein Zurück zum Tarifdschungel ist gerade für Niedersachsen keine Option.» Bund und Länder müssten vereint an einer Lösung zur Finanzierung arbeiten, die bestehende hälftige Aufteilung der Kosten habe sich bewährt. Eine stabile, langfristige Finanzierung sei nötig, um Kunden Sicherheit und Verlässlichkeit zu geben. «Es darf nicht passieren, dass sie am Ende einseitig die Lasten einer Preiserhöhung tragen», sagte Lies.
Scharfe Kritik aus der Opposition
Im niedersächsischen Landtag, wo über die Zukunft des Tickets diskutiert wurde, gab es scharfe Kritik für die rot-grüne Landesregierung. «Kurz bevor die SPD die Führung im Kanzleramt abgibt, kommen Sie mit der Botschaft, der Bund müsste aber jetzt wirklich mal handeln», sagte der CDU-Abgeordnete Marcel Scharrelmann zu Minister Lies.
«Es reicht nicht, mit dem Finger immer nur nach Berlin und auf den Bund zu zeigen und mehr Geld zu fordern.» Niedersachsen müsse selbst handeln – und da gebe es einiges zu tun. «Wir brauchen ein neues Mobilitätskonzept für den ländlichen Raum», sagte Scharrelmann. Er forderte ein Netz, das Stadt und Land verbindet, flexible Buskonzepte, On-Demand-Verkehre, eine bessere Anbindung der Bahnhöfe und ein vergünstigtes Azubi-Ticket.
Fahrgastverband fordert Mindeststandards
Den Ausbau des Nahverkehrs in ländlichen Gebieten fordert auch der Fahrgastverband Pro Bahn. «Die Nutzbarkeit des Tickets ist in vielen Gegenden abseits der großen Städte und Bahnstrecken ein Problem», sagte der Landesvorsitzende Malte Diehl.
Die Landesregierung müsse Mindeststandards für einen attraktiven Nahverkehr festlegen. Jede Gemeinde müsse von früh bis spät mindestens stündlich an den Bus- oder Bahnverkehr angeschlossen werden. Administrative Grenzen, etwa Kreisgrenzen beim Busverkehr, dürften keine Rolle mehr spielen, sagte Diehl.
Gleichzeitig betonte auch der Fahrgastverband die Wichtigkeit des Tickets: Es sei eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste verkehrspolitische Errungenschaft der vergangenen Jahre, weil die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs enorm vereinfacht und insbesondere für Pendler verbilligt wurde, sagte Diehl.
Deutschlandticket wichtig für soziale Teilhabe
Doch das Ticket ist nicht nur von verkehrspolitischer Bedeutung. «Es ist vor allem ein wichtiger Faktor, wenn es um die soziale Teilhabe von Menschen mit geringem Einkommen geht», sagte eine Landessprecherin des Sozialverbands Deutschland (SoVD). Das Ticket ermögliche vermehrte Sozialkontakte, mehr Aktivitäten außer Haus und eine verbesserte Erreichbarkeit von etwa Ärzten und Supermärkten. «Das bedeutet vor allem auch mehr Lebensqualität für Menschen mit einem kleinen Geldbeutel.»
Die Sprecherin sagte, dass der aktuelle Preis von 58 Euro für Betroffene zu hoch sei. Deshalb müsse es ein günstigeres Sozialticket geben. «Bund und Länder dürfen sich den schwarzen Peter bei der Finanzierung nicht weiter hin- und herschieben.» Es brauche einen festen und verlässlichen finanziellen Zuschuss des Bundes an die Länder. «Das Aus für das Deutschlandticket wäre fatal und den Menschen kaum zu vermitteln.»
Milliardenschwere Zuschüsse
Nur noch für dieses Jahr sind Bundesmittel festgeschrieben. Der Bund gibt pro Jahr einen Zuschuss von 1,5 Milliarden Euro, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsbetrieben auszugleichen - denn die meisten ÖPNV-Abos waren zuvor deutlich teurer. Die Länder geben ebenfalls insgesamt 1,5 Milliarden Euro. Festgeschrieben ist das im Regionalisierungsgesetz. Für eine Fortführung des Tickets über 2025 hinaus müsste das Gesetz geändert werden. Es drohen harte Verhandlungen.
Ministerium: Keine Kündigungswelle nach Preiserhöhung
Nach Angaben des Verkehrsministeriums nutzten im ersten Halbjahr 2024 etwa eine Million Niedersachsen das Deutschlandticket – also etwa 12,5 Prozent. Bundesweit besaßen im Januar dieses Jahres rund 13,5 Millionen Menschen das Ticket. Die von manchen befürchtete Kündigungswelle sei ausgeblieben, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Auch zum erhöhten Preis von 58 Euro pro Monat hätten die meisten Kunden ihr Ticket behalten.
Den Angaben zufolge kündigten im Januar gut 8 Prozent der Nutzer ihr Ticket, das bis zum Dezember noch 49 Euro kostete. Die monatliche Kündigungsquote sei demnach kaum höher als im vergangenen Jahr gewesen, 2024 lag die Quote im Schnitt bei rund 7 Prozent.
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