Niedersachsens bisherige Landtags-Vizepräsidentin Meta Janssen-Kucz zieht sich nach mehr als 20 Jahren aus der Landespolitik zurück - will sich für bestimmte Themen aber weiter engagieren. «Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich gar nicht die Füße stillhalten kann und dass es mir wichtig ist, gerade den Umweltschutz weiter voranzubringen», sagte die Grünen-Politikerin anlässlich ihrer Verabschiedung im Landtag der Deutschen Presse-Agentur.
Ihre Abschiedsrede hielt sie vor den Augen ihrer Familie teils auf Platt - ihrer Muttersprache, wie sie sagte. Als neue Vizepräsidentin wurde die Grünen-Abgeordnete Tanja Meyer gewählt, die erst seit gut zwei Jahren im Landtag ist.
«Sie ist eine fachlich hochkompetente Frau mit dem Herz auf dem rechten Fleck», sagte Janssen-Kucz über ihre Nachfolgerin. «Ich glaube, das ist am Ende entscheidend: nicht, wie viel Erfahrung man im Parlament hat, sondern, ob man zuhören kann und ob man auch offen ist für Menschen mit anderen Ansichten.»
Meyer erhielt die Zustimmung von SPD, CDU und Grünen, die AfD stimmte gegen sie. Den Platz von Janssen-Kucz in der Grünen-Fraktion übernimmt die Tourismus- und Umweltwissenschaftlerin Tamina Reinecke aus dem Landkreis Helmstedt.
Das Landtagspräsidium war nach der Wahl 2022 von vier auf fünf Vizepräsidenten-Posten erweitert worden - zum Missfallen der AfD, die als einzige Fraktion keinen der Posten erhielt. Janssen-Kucz, die seit 2017 Vizepräsidentin war, hält diesen Schritt aber für richtig. «Das, was wir jetzt machen, noch viel mehr rauszugehen zu den Menschen, an die Schulen zum Beispiel, das würden wir in diesem Flächenland mit einer Person weniger nicht schaffen», sagte sie. «Bei den Herausforderungen, vor denen unsere Demokratie steht, ist die Erweiterung genau der richtige Weg gewesen, um mehr in den Austausch mit den Menschen zu kommen.»
Janssen-Kucz will Gasförderung vor Borkum verhindern
Janssen-Kucz kündigte an, sich zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe, der Naturschutzorganisation Bund und der Bürgerinitiative Saubere Luft weiter vehement gegen die geplante Gasförderung vor der Insel Borkum einzusetzen, auf der sie selbst lebt. «Ich bin auch seit mehr als 20 Jahren ehrenamtlich in der Suchtkrankenhilfe tätig. An diesen Themen werde ich dranbleiben.»
Die Entscheidung, sich aus dem Landtag zurückzuziehen, sei ihr nicht leicht gefallen, sagte Janssen-Kucz. «Die Verbindung zwischen den Kommunen und der Landespolitik war mir immer sehr wichtig, um den ländlichen Raum zu vertreten.» Sie habe sich aber entschieden, mehr Zeit für ihre Familie zu haben.
Schluss mit den 14-Stunden-Tagen
«Meine Familie hat mich immer unterstützt, sonst wäre es gar nicht möglich gewesen, von 1998 bis heute mit einer dreijährigen Unterbrechung dieses Mandat wahrzunehmen, damals auch mit kleinen Kindern, auch mit einem kranken Kind», sagte die 63-Jährige. «Ich habe 10- bis 14-Stunden-Tage, und die Wochenenden sind auch nicht so, dass ich immer zu meinem Mann nach Borkum fahren kann. Manchmal muss mein Mann aufs Festland kommen, damit wir uns überhaupt sehen. Deshalb geht es mir jetzt auch gut mit der Entscheidung.»
Stolz sei sie im Rückblick auf ihre Arbeit, dass es gelungen sei, bei der Emsvertiefung für die Meyer-Werft Ökonomie und Ökologie zusammenzubringen, eine gute Grundlage zur Verbesserung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen auf den Weg gebracht zu haben und den Ausstieg aus dem Torfabbau im Klimagesetz festgehalten zu haben. «Und natürlich bin ich auch stolz, dass wir den Atomausstieg jetzt wirklich besiegelt haben und die Energiewende vorankommt», sagte die frühere Landesvorsitzende der Grünen.
Janssen-Kucz: Fachlicher Austausch kommt heute oft zu kurz
Insgesamt sei der Landtag heute offener als in ihren ersten Jahren als Abgeordnete, erklärte Janssen-Kucz - durch den Umbau in den Jahren 2014 bis 2017 mit mehr Tageslicht, aber auch weil mittlerweile viele Schülerinnen und Schüler und andere Gruppen das Parlament besuchten.
Allerdings komme ihr der inhaltlich-fachliche Austausch in den Plenardebatten heute häufiger zu kurz. «Einigen geht es eher darum, irgendeine Schlagzeile zu generieren, weil sie meinen, damit eine Wählergruppe beeindrucken zu können. Das bedauere ich», sagte Janssen-Kucz.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten