Antibiotika, Antidepressiva oder Kochsalzlösung – Apotheker in Niedersachsen haben bei zahlreichen Medikamenten und medizinischen Produkten mit Lieferengpässen zu kämpfen. Die Lage sei «nach wie vor angespannt», teilte die Apothekerkammer Niedersachsen mit. Viele verschiedene Arzneimittel seien betroffen, darunter auch Kochsalzlösung. Die Lieferengpässe dauerten zwischen wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten.
«Eine der Ursachen für Arzneimittel-Lieferengpässe ist die Verlagerung der Produktion in Schwellenländer aufgrund des harten Preiswettbewerbs», sagte eine Sprecherin der Apothekerkammer. Produktions- und Qualitätsprobleme sowie anhaltende Preisverhandlungen zwischen Herstellern und Krankenkassen kämen hinzu. Bei der Kochsalzlösung gehe es nach Herstellerangaben um einem Lieferengpass bei einem Zulieferer von Glasflaschen.
Lieferengpässe für sogenannte versorgungskritische Arzneimittel werden den Angaben zufolge von den Herstellern in einer Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführt. Ein Lieferengpass ist demnach eine über zwei Wochen hinausgehende Unterbrechung einer üblichen Auslieferung oder eine deutlich erhöhte Nachfrage, die das Angebot übersteigt. Anfang Oktober waren dort knapp 500 Medikamente gelistet.
Kochsalzlösung importieren
Derzeit gibt es nach Angaben der Apothekerkammer die Möglichkeit für Krankenhausapotheken, Kochsalzlösungen aus dem Ausland zu importieren. Auf diese Weise will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Lieferengpässe überbrücken. Der SPD-Politiker betonte: «Kochsalzlösungen sind elementar bei Operationen und auch in der Krebstherapie. Deswegen nutzen wir alle Möglichkeiten, um Lieferengpässe zu vermeiden und werden den Import erlauben.» Das Mittel wird etwa für Infusionen – den sogenannten Tropf – genutzt, um Flüssigkeitsverluste im Körper auszugleichen oder als Trägerlösung für die Verabreichung von Medikamenten.
Das Bundesgesundheitsministerium spricht allerdings von vorübergehenden Lieferengpässen und hatte bereits am Wochenende betont, dass ein Lieferengpass keinen Versorgungsengpass bedeute. Das sorgte für Kritik der Apothekerkammer: «Lange Zeit wurden von der Politik keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, um Lösungen für die Arzneimittel-Lieferschwierigkeiten zu finden, obwohl die Apothekerschaft unmissverständlich auf die sich zuspitzende Lage hingewiesen hat», sagte die Sprecherin.
Der niedersächsische Landtagsabgeordnete Eike Holsten (CDU) fordert politische Maßnahmen. Es sei notwendig, die Wirkstoffproduktion in Deutschland und Europa auszubauen. «In Anbetracht des aktuellen Rekordhochs der an Depression erkrankten Menschen sind die Lieferengpässe von Antidepressiva mehr als nur erschütternd. Zudem ist es inakzeptabel, wenn Krebskranke auf notwendige Kochsalzlösungen für ihre Krebstherapien warten müssen», kritisierte die Abgeordnete.
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