Kurz vor dem 100. Geburtstag von Albrecht Weinberg hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil das Engagement des Holocaustüberlebenden, die Erinnerungen an die Verbrechen der Nazis wachzuhalten, gewürdigt. «Ich bin Albrecht Weinberg ungeheuer dankbar, dass er in hohem Alter in seine Heimat zurückgekehrt ist. Selbstverständlich war das mit Sicherheit nicht, nach den Erfahrungen, die Sie in Deutschland gemacht haben», sagte Weil bei einem persönlichen Gespräch mit Weinberg im Alten Rathaus in Leer. Der Ehrenbürger der Stadt wird am Freitag 100 Jahre alt.
Weinberg überlebte die drei Konzentrationslager Auschwitz, Mittelbau-Dora im Harz, Bergen-Belsen bei Celle und mehrere Todesmärsche. Seine jüdische Familie wurde von den Nazis fast vollständig ermordet. 2012 kehrte er zusammen mit seiner Schwester aus den USA zurück in seine ostfriesische Heimat. Seitdem geht er auch in Schulen und berichtet Schülerinnen und Schülern von dem größten Menschheitsverbrechen.
Sorge vor neuem Rechtsextremismus
Vor wenigen Wochen protestierte er auch, im Rollstuhl sitzend, bei einer Demonstration gegen Rechts in Leer. Weinberg hatte sich zuletzt besorgt vor einem erstarkenden Rechtsextremismus in Deutschland gezeigt. Nachdem die Union mit Stimmen der AfD einen Bundestagsantrag zur Migrationspolitik durchgebracht hatte, gab er aus Protest sein Bundesverdienstkreuz an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zurück.
Dafür, dass er nach seiner Rückkehr nach Ostfriesland noch im hohen Alter angefangen habe, mit jungen Leuten zu sprechen und in Schulen zu gehen, sei er Weinberg noch dankbarer, sagte Ministerpräsident Weil. «Dass er das so lange durchgehalten hat, das finde ich wirklich großartig.» Weinbergs schreckliche persönliche Erlebnisse stünden beispielhaft für die «dunkelste Phase der deutschen Geschichte».
Was zum Geburtstag geplant ist
Weil hob auch die enge Beziehung hervor, die gerade viele jüngere Leute zu dem Holocaustüberlebenden hätten. Das Gymnasium in seinem Heimatort Rhauderfehn (Landkreis Leer) etwa trägt seinen Namen. Die Schüler dort beschäftigen sich intensiv mit dem Leben Weinbergs und der NS-Geschichte.
«Ich kenne übrigens kein anderes Beispiel, wo ein Gymnasium nach einer lebenden Person benannt worden ist», sagte Weil. «Das ist wirklich auch, glaube ich, ein Symbol für die Dankbarkeit, die ganz viele junge Leute Albrecht Weinberg gegenüber empfinden.»
Zu seinem 100. Geburtstag plant die Stadt Leer am Freitag einen Empfang für Albrecht Weinberg mit vielen Gästen im Rathaus. Da Weil am Freitag nicht bei der Feier in Ostfriesland sein kann, kam es schon vorher zu dem Besuch.
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