Auf der Suche nach den Ex-RAF-Terroristen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub stellen sich die Ermittler zwar auf eine längere Fahndung ein - sind aber «geduldig und hartnäckig». «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die beiden aktuell in Ruhe ihre Tage verbringen», sagte der Präsident des niedersächsischen Landeskriminalamts, Friedo de Vries, der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. «Wir sind fest entschlossen, Herrn Garweg und auch Herrn Staub festzunehmen.»
Derzeit werteten die Fahnder Tausende von Spuren und Fundstücken aus - auf der Suche nach dem einen entscheidenden Hinweis, «der uns am besten zu beiden führt oder zumindest zu einem von ihnen», erklärte de Vries. Der Fahndungsdruck sei hoch, die Ermittler gäben nicht nach. Der Ausgangspunkt der seit 2015 andauernden Fahndung werde mit aktuellen Bildern von Garweg sowie Asservaten in einer mittleren vierstelligen Größenordnung neu justiert: «Wir sind jetzt im Jahr 2024, setzen komplett neu an. Und wir haben Daniela Klette festgenommen.»
Die mutmaßliche Komplizin der beiden Männer, die unter falscher Identität in einer Wohnung in Berlin-Kreuzberg gelebt hatte, wurde am 26. Februar festgenommen. Sie gehörte wie Garweg (55) und Staub (69) der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF) an, die bis 1991 zahlreiche Anschläge verübt und Menschen getötet hatte. Die 65-Jährige sitzt in Untersuchungshaft im Frauengefängnis in Vechta. Klette, Staub und Garweg wurden beziehungsweise werden auch wegen mehrerer Raubüberfälle gesucht, bei denen auch auf Menschen geschossen wurde. Unklar war zunächst, warum die Serie von Raubüberfällen 2016 abriss.
In Klettes Wohnung fanden die Beamten nach den Worten des LKA-Präsidenten größere Bargeldsummen in verschiedenen Stückelungen sowie Waffen und Munition. Das zeige, «von welcher Militanz und Gefährlichkeit im Zusammenhang mit dem gesuchten RAF-Trio auszugehen ist». Die 65-Jährige habe offensichtlich eine intensive Verbindung zu Garweg gehabt. In der Wohnung seien aber auch Spuren gefunden worden, die auf einen Kontakt mit Staub hindeuten. Details nannte er nicht. Auch ein Bauwagencontainer in Berlin, in dem sich Garweg aufgehalten hatte, wurde durchsucht.
Angesichts der gefundenen Ausweisdokumente und Aliasnamen sei nicht ausgeschlossen, dass «eine Legende für einen Aufenthalt im Ausland vorbereitet war». Die Vorliebe Klettes für italienische Namen könne mit der Verfügbarkeit von Ausweisdokumenten und deren Fälschungssicherheit zusammenhängen. «Zumindest müssen wir davon ausgehen, dass sie sich zur Legendenbildung die italienische Sprache angeeignet hat», sagte er.
De Vries betonte, die Ermittler gingen davon aus, dass sowohl Klette als auch Garweg sich konspirativ, vorsichtig und eher zurückhaltend in ihrem Umfeld bewegt haben dürften - trotz der aktuellen Fotos des 55-Jährigen. «Vielleicht war es das Gefühl von Sicherheit, da die Tarnung über so viele Jahre getragen hat», sagte de Vries. «Ich würde es nicht als sorglos bezeichnen.»
Der LKA-Präsident beschrieb Garweg als einen Mann mit zwei Gesichtern: Es wirke paradox, dass der 55-Jährige als brutaler Räuber und mutmaßliches Mitglied der dritten Generation der RAF, der des versuchten Mordes beschuldigt werde, in seiner Community als der «nette Martin vom Bauwagenplatz» wahrgenommen worden sei. «Hier zeigen sich seine beiden Gesichter und das vermutlich ganz eigene, ideologisch geprägte Wertesystem.» Dass er sich nach Aussagen der Mitbewohner auf dem Bauwagenplatz als sozial und empathisch gezeigt haben soll, stehe dazu in klarem Widerspruch: «Solch verstörende persönliche Rechtfertigungsstrategien treffen wir auch heute noch im Bereich des politischen Extremismus an.»
Mitwisser im linken Milieu sind den Ermittlern bislang nicht bekannt. Die befragten Kontaktpersonen hätten übereinstimmend gesagt, nichts von der wahren Identität Klettes und Garwegs gewusst zu haben. Geklärt werde nun, ob das glaubhaft sei. «Letztlich muss man festhalten, dass es auch nicht unproblematisch ist, sich anders einzulassen und als Mitwisser oder Fluchthelfer zu erkennen zu geben», betonte de Vries.
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