Es ist das dritte Jahr in Folge mit mehr Badetoten: Im vergangenen Jahr sind in Deutschland so viele Menschen ertrunken wie seit 2019 nicht mehr.
Insgesamt ertranken mindestens 411 Menschen in deutschen Gewässern - 31 mehr als 2023, wie die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) bekanntgab. «Damit zählt diese Statistik erstmals seit 2019 wieder mehr als 400 Opfer», sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Damals ertranken 417 Menschen. Sie mahnte: «Dieses Ergebnis sensibilisiert hoffentlich möglichst viele Menschen für die bevorstehende warme Jahreszeit.»
Denn knapp die Hälfte - 48 Prozent - der tödlichen Unfälle ereignete sich in den drei Sommermonaten ab Juni 2024. Im heißen August ertranken 80 Menschen und damit besonders viele - und 33 mehr als im August 2023. Mehr Todesfälle in einem einzigen Monat, nämlich 117, zählten die Lebensretter im August 2020.
Mehr ältere Menschen unter den Opfern
Auffallend war, dass im vergangenen Jahr vor allem mehr ältere Menschen im Wasser ums Leben kamen, während Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Alter bis Anfang 50 seltener starben. Tatsächlich waren gut 60 Prozent der Opfer bekannten Alters älter als 50 Jahre, wie die DLRG mitteilte. 2023 waren es weniger als 50 Prozent.
«Hitze und auch der Sprung ins kühle Wasser können den Körper sehr belasten und zu gesundheitlichen Problem führen, die schnell lebensgefährlich werden», warnte Vogt. Sie mahnte vor allem Menschen mit Vorerkrankungen zur Vorsicht: «Angesichts weiter steigender Temperaturen im Zuge der klimatischen Veränderungen wird die Wahrscheinlichkeit solcher Unfälle womöglich noch zunehmen.»
An den Küsten sind nach DLRG-Angaben in der Saison zwischen Anfang Mai und Ende September rund 6.000 freiwillige Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer im Einsatz und bewachen die Strände. Sie waren im vergangenen Jahr demnach in fast 300 Fällen rechtzeitig zur Stelle und verhinderten Schlimmeres. Die DLRG ist nach eigenen Angaben die größte freiwillige Wasserrettungsorganisation der Welt, sie zählt mehr als 600.000 Mitglieder.
Größte Gefahr droht in Binnengewässern - vor allem Flüssen
Trotz der Präsenz der Retter starben im vergangenen Jahr jedoch mehr Menschen in Nord- und Ostsee - und zwar 30, nach 27 ein Jahr zuvor. Und die allermeisten dieser Opfer, nämlich 27, kamen in der Ostsee ums Leben. «Das ist ein trauriger Rekord für dieses Gewässer in unserer Statistik», sagte Vogt. Im Vergleich zum Vorjahr habe sich die Zahl der tödlichen Unfälle in der Ostsee verdoppelt. Dennoch seien die Menschen besonders sicher, wenn sie ihre Freizeit während der Bademonate an den Küsten verbringen.
Denn nach DLRG-Angaben kam es vor allem in Binnengewässern zu Todesfällen. Dabei gab es eine gegenläufige Entwicklung: In Seen und Teichen starben im vergangenen Jahr 146 Menschen und damit 6 weniger als 2023 - in Flüssen und Bächen ertranken dagegen 161 Menschen. Ein Jahr zuvor gab es dort erst 147 Badetote. Vogt betonte: «Vor allem Flüssen sind sehr, sehr gefährliche Orte, um Schwimmen zu gehen.»
Spitzenreiter Bayern
Schaut man auf die einzelnen Bundesländer, sticht Bayern mit seinen vielen Badeseen hervor: Dort starben im vergangenen Jahr 70 Menschen bei Badeunfällen, 2023 waren es 62. In Nordrhein-Westfalen stieg die Zahl der Opfer von 47 auf 57, in Baden-Württemberg von 44 auf 48. Einen deutlichen Anstieg gab es in Niedersachsen: Dort starben 46 Menschen, während es 2023 34 waren. Auch die Zahl der Badetoten im kleinsten Bundesland Bremen stieg: Dort ertranken 8 Menschen, viermal mehr als 2023.
Dabei bleibt das Ertrinken ein männliches Phänomen: 311 der mindestens 411 Badetoten waren Männer, dazu kamen 90 Frauen und 10 Tote, deren Geschlecht nicht bekannt war. 2023 waren es 292 Männer, 77 Frauen und in 9 Fällen war das Geschlecht unbekannt. «Leider spielt da oft der Leichtsinn eine große Rolle», erläuterte Achim Wiese vom DLRG-Bundesverband.
2024 starben bundesweit 14 Kinder im Alter bis zehn Jahre beim Baden, ein Jahr zuvor waren es 17. Allerdings gibt es laut DLRG Fälle, die nicht tödlich endeten, aber lebenslange Folgen für die Opfer hätten, auch zu Hause und in der Badewanne. Außerhalb der eigenen vier Wände kommt es demnach oft dort zu Unfällen, wo Eltern kaum damit rechnen - etwa im Gartenteich oder im Planschbecken. Davor soll eine neue Kampagne warnen, die bis Ende August auf über 7.000 Werbeflächen in mindestens 13 Großstädten auftauchen soll.
Schwimmbäder unersetzlich
Vogt betonte, unersetzlich für den Schwimmunterricht in Deutschland seien die Hallenbäder - ohne umfassende Sanierung drohe in den kommenden Jahren rund 800 öffentlichen Schwimmbädern die Schließung. Vor allem im ländlichen Raum fehlten Wasserflächen, schon jetzt könnten mehr als 20 Prozent der Schulen keinen Schwimmunterricht erteilen. Dabei gelte: «Schwimmen ist eine Kulturtechnik wie Lesen, Schreiben und Rechnen.»
Dennoch gehe die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft davon aus, dass rund 20 Prozent der Kinder die Grundschule verlassen, ohne Schwimmen zu lernen. Und die Hälfte der Kinder könne nicht sicher schwimmen.
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