Die Zahl der judenfeindlichen Vorfälle hat in Niedersachsen einen neuen Höchststand erreicht. 331 antisemitische Taten gab es 2023 in dem Bundesland, wie aus dem Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in Niedersachsen hervorgeht. Das waren 61 Prozent mehr als im Jahr 2022. Die meisten Taten ereigneten sich den Angaben zufolge nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem darauffolgenden Krieg zwischen Israel und Gaza.
RIAS sammelte den Angaben nach unter anderem Angriffe, Bedrohungen oder Sachbeschädigungen, die der Stelle bekannt wurden. Das Projekt dokumentiert auch Taten, die keine Straftaten sind oder nicht angezeigt werden. Die Dunkelziffer könne weitaus höher liegen.
Niedersachsen stehe mit der Zunahme im bundesweiten Trend, hieß es. Überdurchschnittlich nahmen demnach die Angriffe in Niedersachsen zu. Die meisten Fälle seien zudem dem israelbezogenen Antisemitismus zuzuordnen, im Kontext des Nahostkonfliktes. Sie machten rund die Hälfte der dokumentierten Fälle aus.
Antisemitismus stelle eine ernsthafte Bedrohung dar und widerspreche grundlegenden Prinzipien einer offenen und vielfältigen Gesellschaft, sagte die Projektleiterin der Dokumentationsstelle RIAS Niedersachsen, Katarzyna Miszkiel-Deppe. Spätestens seit dem 7. Oktober habe sich die Lage noch einmal verschärft. Der Krieg zwischen Israel und Gaza sei allerdings nicht der Grund für die Taten, sondern lediglich der Kontext, in dem diese stattfänden. Jüdische Menschen in Niedersachsen seien nicht verantwortlich für das Handeln der Regierung in Israel, betonte sie.
«Die Normalisierung der rechten Ideologie der Menschenfeindlichkeit macht mir große Sorgen», sagte die Vizepräsidentin des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Marina Jalowaja und betonte: «Antisemitische Verschwörungstheorien kommen nicht nur von rechts, sondern auch von links und der Mitte der Gesellschaft.»
Der Terrorangriff am 7. Oktober 2023 habe «zu einer sich weiter verschärfenden Situation für Jüdinnen und Juden in unserem Land geführt, der weit mehr als bisher entschlossen entgegengetreten werden muss», sagte der Niedersächsischer Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, Gerhard Wegner.
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