Das Hochwasser rund um den Jahreswechsel 2023/2024 hatte an den meisten betroffenen Orten in Niedersachsen eine Größenordnung, wie es statistisch alle 5 bis 20 Jahre vorkommt. Das geht aus vorläufigen Daten des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zu Abflussmengen an mehreren Pegeln hervor. Zum Teil fielen die Abflussmengen an einigen Messstellen auch größer aus - an der Aller bei Verden etwa. Dort wird ein solches Hochwasserereignis wie zuletzt der Statistik zufolge nur alle 50 bis 60 Jahre erwartet.
Das Hochwasser hatte sich rund um den Jahreswechsel wochenlang über weite Teile Niedersachsens erstreckt. Zahlreiche Pegel lagen einige Tage über der höchsten Meldestufe und hunderte Bewohnerinnen und Bewohner mussten ihre Häuser zwischenzeitlich verlassen. Nach den vorläufigen NLWKN-Daten wurden landesweit an 13 Pegeln, die höchsten bislang gemessenen Wasserstände übertroffen. Insgesamt gibt es laut der Behörde mehr als 200 Pegel im Messnetz der Gewässerüberwachung Niedersachsen.
«Nach den derzeitigen Erkenntnissen hat es sich nicht um ein Jahrhunderthochwasser gehandelt», teilte der Landesbetrieb auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Die statistische Auswertung dauere aber noch an, sodass sich einzelne Angaben zu Jährlichkeiten noch ändern könnten, hieß es.
Um Hochwasserereignisse bewerten und einordnen zu können, schauen Wissenschaftler auf die sogenannte Jährlichkeit von Hochwassern. Das ist die statistische Eintrittswahrscheinlichkeit für ein Hochwasser mit einer bestimmten Abflussmenge an einem Ort. Zum Beispiel tritt ein 100-jähriges Hochwasser mit einer bestimmten Abflussmenge statistisch gesehen also in 1000 Jahren etwa 10 Mal auf.
Als Grundlage für die Berechnung dienen statistische Auswertungen von gemessenen Wasserständen und den dazugehörigen Abflussmengen der Vergangenheit. Auch wasserbauliche Maßnahmen und Umweltbedingungen fließen in die Berechnung ein. Mithilfe dieser Eintrittswahrscheinlichkeit werden etwa Hochwasserschutzbauwerke dimensioniert, Überschwemmungsgebiete ausgewiesen und Hochwassergefahrenkarten aufgestellt.
Da es sich um eine statistisch ermittelte Größe handelt, sagt die Jährlichkeit allerdings nichts über das Jahr des Eintritts eines Hochwassers aus. Das Umweltministerium verweist im Zusammenhang mit dem Winter-Hochwasser auch auf Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt «KliBiW» zur Klimafolgenforschung in Niedersachsen. Demnach werden sich Hochwasserereignisse durch die Klimaerwärmung verschärfen. Die Intensität und die Häufigkeit solcher Ereignisse nehme zu, heißt es.
Das Hochwasser hatte nach einer ersten vorläufigen Bilanz des Innenministeriums Schäden in Höhe von 161 Millionen Euro verursacht. Die Landesregierung sagte betroffenen Menschen und Betrieben Hilfen aus Landesmitteln zu.
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