VfL Osnabrück gegen Hansa Rostock - das gab es in diesem Kalenderjahr schon einmal. 2. Bundesliga im Februar, Tabellenletzter gegen Vorletzter, Endstand 0:0. An diesem Samstag (14.00 Uhr/MagentaSport) gibt es für beide Nordclubs ein Wiedersehen: diesmal in Rostock, diesmal als Spiel 15. gegen den 20., das Problem ist nur: Dieses Spiel ist nur noch ein Drittliga-Spiel. Fünfeinhalb Monate nach dem Abstieg aus der zweiten Liga sind Hansa und der VfL dem Absturz in die Regionalliga näher als einer Rückkehr in den Profifußball. Woran liegt das? Was verbindet beide Clubs und was trennt sie?
Die Probleme
«Die 3. Liga ist ein Kraftakt auf allen Ebenen», sagt Peter Vollmann. Der 66-Jährige führte den FC Hansa einst zum Aufstieg. Und auch als Sportchef von Eintracht Braunschweig ging es ihm viereinhalb Jahre immer darum, möglichst schnell aus der 3. Liga herauszukommen und auf keinen Fall wieder dorthin zurückzumüssen.
Die sportlichen Probleme von Rostock und Osnabrück sind für Vollmann keine Überraschung. Schon im vergangenen Jahr wäre Arminia Bielefeld beinahe in die Regionalliga durchgereicht worden.
Denn als Zweitliga-Absteiger in der 3. Liga neu zu starten, bedeutet meistens: mit Zweitliga-Strukturen und teilweise auch Zweitliga-Kosten unter Drittliga-Bedingungen zu arbeiten. Allein die TV-Einnahmen pro Club verringern sich um rund sieben Millionen Euro. «Die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen zweiter und dritter Liga sind zu groß», sagt Vollmann.
Die sportlichen Besonderheiten kommen noch dazu: «Die 3. Liga ist geprägt davon, dass sie eben nur drittklassig ist.» Und das zu sagen, sei «kein böser Wille», meint der Experte. Denn: «Die Fußballer, die da spielen, sind sehr oft nur drittklassig. Der Stil ist sehr physisch. Die Spielidee ist sehr häufig nur auf den Gegner ausgerichtet. Viele Trainer fragen sich: Wie kann ich meine Mittel am besten einsetzen, um einen Gegner wie Dynamo Dresden oder Hansa Rostock zu ärgern? Deshalb kann in der 3. Liga jeder jeden schlagen.»
Die Gemeinsamkeiten
Beim VfL Osnabrück gab es nach dem Abstieg insgesamt 33 Zu- und Abgänge im Spielerkader. Bei Hansa Rostock sogar 37. Dazu haben beide Clubs jeweils schon ihre Trainer Uwe Koschinat (Osnabrück) und Bernd Hollerbach (Rostock) gefeuert.
Vollmann erkennt darin den typischen Kreislauf aus hohen Erwartungen, wachsendem Druck und schnellen Reaktionen. «In Osnabrück und in Rostock sind beide Mannschaften von den Verantwortlichen falsch eingeschätzt worden», sagt er. «Die Spieler, die verpflichtet wurden, kannten häufig die Liga nicht. Und in der Summe, als Team, geben sie nicht das her, was man sich erhofft hat.»
Ein Problem sei erfahrungsgemäß: «Häufig steht der Abstieg einer Mannschaft erst sehr spät fest, so dass die Kaderplanung eben auch erst sehr spät beginnen kann», so Vollmann. «Dieser Zeitpunkt ist häufig erst dann erreicht, wenn der Teich schon langsam leergefischt ist.»
Die Besonderheiten
Kein anderer Club im deutschen Profifußball hat seinen Ruf in den vergangenen Jahren so ramponiert wie die Rostocker. Wegen der wiederholten Krawalle von Hansa-Fans kündigte im August der Hauptsponsor, musste die Clubführung schon im Januar bei der Landesregierung antreten, zogen sich erst in dieser Woche fünf Aufsichtsräte zurück. Der Überfall auf einen Zug mit Gäste-Fans von Rot-Weiss Essen sorgte am vergangenen Wochenende für Entsetzen.
Vollmann war gleich zweimal Trainer in Rostock: von 2010 bis Dezember 2011. Und im zweiten Halbjahr 2014. «Ich versuche immer, die Fans oder - besser gesagt - Teile der Ultras zu verstehen», meint er. «Aber ich muss sagen: Bei Hansa fällt mir das mittlerweile schwer. Wie man Zerstörungen oder sogar Straftaten anrichten kann. Und wie man seinem Club durch die Strafzahlungen und in der öffentlichen Wahrnehmung so schaden kann.» Das werde immer schlimmer.
«Man hat diese Strukturen bei Hansa vielleicht zu lange in Ruhe gelassen», sagt Vollmann. Der neue Aufsichtsrats-Chef Sebastian Eggert ist sogar ein Mitbegründer der größten Ultra-Gruppe.
Der Rostocker Vorstandsvorsitzende Jürgen Wehlend und der Sportchef Amir Shapourzadeh haben beide auch lange für den VfL Osnabrück gearbeitet. Und beide wissen: Hansas Bedeutung für die Region sei noch einmal «eine andere Hausnummer» als beim VfL, sagte Shapourzadeh der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Jedes Kind läuft mit Hansa-Trikot herum. Es ist eine ganze Region, ein ganzes Bundesland, das voll und ganz hinter dem Verein steht.»
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