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Gericht verhindert Abschiebung - Kirchenasyl in Gefahr?

Die Bremer Kirchen gewähren im bundesweiten Vergleich mit Abstand am meisten Kirchenasyl. (Archivfoto) / Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
Die Bremer Kirchen gewähren im bundesweiten Vergleich mit Abstand am meisten Kirchenasyl. (Archivfoto) / Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Eine drohende Abschiebung in einem Bremer Gemeindezentrum löste zuletzt heftige Kritik aus. Bremens Innensenator warnt vor weitreichenden Konsequenzen.

Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte warnt, das Kirchenasyl auszureizen. «Das Kirchenasyl dient der Korrektur unangemessener Härten, es darf nicht zum Regelfall werden», betonte der SPD-Politiker. «Sonst würde die Institution Kirchenasyl ernsthaften Schaden nehmen. Ich würde das sehr bedauern.»

Die Bremer Kirchen gewähren im bundesweiten Vergleich am häufigsten Kirchenasyl. Nach Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nahmen die Kirchen im kleinsten Bundesland dieses Jahr 202 Menschen auf, die von einer Abschiebung bedroht sind. Das sind rund 29 Fälle pro 100.000 Einwohner - mehr als in jedem anderen Bundesland, wo die Zahlen im niedrigen einstelligen Bereich liegen.

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer hat dafür kein Verständnis. «Wir sind inzwischen in einer Größenordnung, die ihresgleichen sucht», kritisiert der SPD-Politiker im Gespräch mit dem «Weser-Kurier». «Wir haben den Verdacht, dass in Bremen auch Verfahren organisiert werden für Personen, die gar nicht hier leben. Die kommen aus Hamburg, Hannover oder sonst wo hierher, um in einer hiesigen Kirche Zuflucht zu erhalten.»

Bremische Evangelische Kirche regt Gespräch an

Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) gewährte nach eigenen Angaben dieses Jahr bisher 125 Menschen in der Stadt Bremen Kirchenasyl - darunter sind 88 Menschen aus Bremer Unterkünften und 37 Menschen aus der Region. Alle anderen Fälle gehören demnach zur Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, zur Reformierten Kirche oder zur Katholischen Kirche. 

Die BEK strebt nun ein Gespräch mit allen Kirchen und dem Innenressort an. Ein reiner Blick auf die Statistik sei ohnehin nicht hilfreich, erklärte Pastor Bernd Kuschnerus von der Bremischen Evangelischen Kirche. «Es geht hier um die Schicksale konkreter Menschen und humanitäre Härtefälle. Das gerät bei der bloßen Diskussion über Zahlen leider aus dem Blick.»

Ist das Kirchenasyl bedroht?

Innensenator Mäurer warnt indes vor Konsequenzen. «Nach der Innenministerkonferenz habe ich die kirchliche Leitung in Bremen gewarnt, dass die bremische Praxis das gesamte Kirchenasylverfahren gefährdet», sagte der Innensenator. Wenn sich die Bremer Kirchen nicht an Vereinbarungen halten, könnte das Bamf auf das Verfahren in Zukunft verzichten und Menschen gleich abschieben.

Das Kirchenasyl geht auf eine jahrhundertealte Schutztradition sakraler Räume zurück. Die Flüchtlinge leben in den seltensten Fällen direkt in der Kirche, vielmehr im Gemeinde- oder Pfarrhaus oder anderen Räumen. Dort sind sie weitgehend vor einem polizeilichen Zugriff geschützt, denn der deutsche Staat achtet in der Regel das Kirchenasyl. Eine gesetzliche Grundlage gibt es nicht, zuletzt wurden bundesweit immer wieder Menschen im Kirchenasyl abgeschoben.

Gericht verhindert Abschiebung eines Somaliers

In Bremen wird seit Anfang Dezember heftig über das Thema diskutiert: Rund 100 Menschen hatten Widerstand gegen die Abschiebung eines 25-jährigen Somaliers aus dem Kirchenasyl geleistet. «Das Kirchenasyl ist und bleibt ein wichtiger, unverletzlicher Schutzraum in besonderen Härtefällen», betonte Pastor Kuschnerus.

Es handelt sich um einen sogenannten Dublin-Fall. Demnach ist das Land für das Asylverfahren zuständig, in dem ein Asylsuchender erstmals die EU-Grenzen überschreitet - in dem Fall Finnland. Das Bamf hatte entschieden, dass der Somalier dorthin für sein Asylverfahren zurückkehren muss. Die Frist für die Abschiebung endete am 7. Dezember.

Nach dem erfolglosen Abschiebeversuch im Kirchenasyl sollte die Frist um 18 Monate verlängert werden. Dagegen legte der Anwalt des Somaliers Widerspruch ein - und bekam nun vom Verwaltungsgericht Bremen recht. Der Somalier sei nicht flüchtig gewesen, sein Aufenthaltsort im Gemeindezentrum sei bekannt gewesen. Das Gericht verhinderte damit im Eilverfahren die Abschiebung des Mannes, die endgültige Gerichtsentscheidung dazu steht noch aus.

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