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Ärger über Grundsteuer: Hunderttausende verlangen Prüfung

Viele Immobilienbesitzer zweifeln an der Höhe ihres neuen Grundsteuerbescheids. (Symbolbild) / Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Viele Immobilienbesitzer zweifeln an der Höhe ihres neuen Grundsteuerbescheids. (Symbolbild) / Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Plötzlich mehr zahlen? Die neue Grundsteuer sorgt für Verwirrung und Beschwerden. Finanzminister Heere weist darauf hin, dass nachträgliche Korrekturen möglich sind.

Die neue Berechnung der Grundsteuer führt in Niedersachsen zu einem Sturm an Nachfragen. Viele Menschen zweifeln daran, dass sie tatsächlich so viel Geld zahlen müssen, wie im Grundsteuerbescheid aufgeführt wird. Denn: Seit Jahresbeginn gilt für die Berechnung ein neues Verfahren. Das führt dazu, dass manche Immobilienbesitzer und Mieter heute weniger und andere mehr bezahlen müssen als bisher.

Bei 47 Finanzämtern in Niedersachsen sind deshalb eigene Rufnummern geschaltet worden. Allein an der Hotline des Finanzamts Hannover-Süd sind derzeit 20 Menschen damit beschäftigt, die rund 400 Anrufe pro Tag entgegenzunehmen, wie ein Sprecher des Finanzministeriums sagte. Eine landesweite Statistik zu den Anrufen gibt es nicht. 

Hintergrund der Nachfragen sind demnach häufig fehlerhafte Angaben der Anrufer in ihren Steuererklärungen. Diese mussten bereits vor zwei Jahren abgegeben werden. Andere wollen ihren Messbescheid - also die Berechnungsgrundlage für die Steuer - noch einmal überprüft wissen, weil sie nun eine höhere Grundsteuer zahlen sollen.

Hunderttausende Menschen wollen geänderten Grundsteuerbescheid

Bei den Finanzämtern wurden schon bis Ende Oktober zu rund 455.000 Messbescheiden Hinweise auf mögliche Fehler hinterlegt. Erst 92.000 Fälle davon waren laut Finanzministerium zu dem Zeitpunkt abgearbeitet, 79.000 mit einer Änderung des Bescheids. 

Zwar liegt die Frist für einen Einspruch gegen den Messbescheid bei einem Monat nach Bekanntgabe durch das Finanzamt. Finanzminister Gerald Heere (Grüne) wies aber darauf hin, dass berechtigte Korrekturen auch jetzt noch rückwirkend zum 1. Januar 2025 berücksichtigt würden. «Dies geschieht unabhängig davon, ob rechtzeitig Einspruch eingelegt worden ist», sagte der Minister im Landtag.

Was der neue Messbetrag in Euro bedeutet, wird vielen erst jetzt klar, weil sich die Höhe der Steuer nach einem von der Stadt festgelegten Hebesatz richtet. Einige Städte verzeichnen daher seit Jahresbeginn deutlich mehr Beschwerden gegen ihre Grundsteuerbescheide als früher, wie eine dpa-Umfrage in fünf niedersächsischen Großstädten ergab. Das Problem: Wird nicht der Hebesatz angefochten, sondern der Messbescheid, sind die Städte dafür nicht die richtigen Adressaten - sondern die Finanzämter.

Drei häufige Missverständnisse bei der Grundsteuer

  • Falsche Erwartungen: Manch einer wundert sich, dass er jetzt mehr Grundsteuer bezahlen soll, obwohl die Reform «aufkommensneutral» sein sollte. Das hatten die Städte zugesichert, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2018 die Notwendigkeit einer Grundsteuerreform festgestellt hatte. Der Begriff bedeutet aber nicht, dass niemand mehr zahlen muss - vielmehr sollen die Grundsteuereinnahmen einer Stadt in Summe gleich bleiben. Für den einzelnen Steuerzahler kann die Reform höhere, geringere oder gleichbleibende Zahlungen bedeuten.
  • Falsche Meldungen: Die größte Fehlerquelle in den Steuererklärungen liegt dem Finanzministerium zufolge darin, dass bei Gebäuden, die ausschließlich Wohnzwecken dienen, irrtümlich Nutzflächen angegeben wurden. Das hätten mehrere Finanzämter berichtet. Mit Nutzflächen sind aber in der Regel gewerbliche Orte gemeint - etwa Verkaufsräume oder Werkstätten. Weitere häufige Fehlerquellen seien falsche Angaben zur Aufteilung der Eigentumsanteile oder zur Wohnfläche oder die Nichtberücksichtigung von Freibeträgen bei Garagen und Gartenhäusern.
  • Falscher Rechtsweg: Ob in Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Osnabrück oder Lüneburg - in vielen Städten gehen derzeit Einsprüche, Widersprüche und Klagen gegen die Steuerbescheide ein. Allein in Oldenburg gab es seit Jahresbeginn 148 Einsprüche und 17 Klagen. Angefochten wird den Städten zufolge aber meist der Messbetrag, sodass die Beschwerden sich an das Finanzamt richten müssten. Klagen gegen die Städte dürften von den Verwaltungsgerichten in diesen Fällen zurückgewiesen werden. Ein der Klage vorgeschaltetes Widerspruchsverfahren gibt es für den Grundsteuerbescheid in Niedersachsen nicht mehr.

Wie sich die Höhe der Grundsteuer entwickelt hat

Zur Entwicklung der Höhe der Grundsteuer hatte die Deutsche Presse-Agentur kurz vor dem Jahreswechsel die großen Städte in Niedersachsen befragt. Das Ergebnis: Alle angefragten Städte beabsichtigten mit ihren Hebesätzen für 2025, dass der Steuerertrag in Summe gleich bleiben soll. Trotzdem zahlen viele Menschen heute mehr für die Grundsteuer als noch vor einigen Jahren. Das liegt daran, dass viele Kommunen ihre Hebesätze schon in den vergangenen Jahren angehoben haben. Das zeigen Daten des Landesamts für Statistik.

Wer für die Grundsteuer zahlen muss

Bezahlen muss die Grundsteuer im Prinzip jeder, der ein Grundstück sein Eigentum nennt. Das gilt auch für Eigentumswohnungen. Wer das Grundstück vermietet oder verpachtet, kann die Forderungen allerdings über die Nebenkosten weiterreichen - dann bezahlen sie die Mieter oder Pächter.

Wer von der Grundsteuer profitiert

Für die Städte und Gemeinden ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Sie betonen, nur mit diesen Einnahmen könnten sie sich zum Beispiel um Straßen, Schulen, Feuerwehren, Kindergärten und Freizeiteinrichtungen kümmern. Im Jahr 2023 lag das Steueraufkommen für bebaubare und bebaute Grundstücke landesweit bei rund 1,5 Milliarden Euro.

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