«Unter Nackten» heißt eine Ausstellung in Hannover, die von diesem Sonntag an die Geschichte der Freikörperkultur (FKK) von der Kaiserzeit bis in die 1970-er Jahre nachzeichnet. Die Nacktkultur, wie sie zu Anfang im Kaiserreich genannt wurde, war Teil der sogenannten Lebensreformbewegung. Die Anhängerinnen und Anhänger wollten den verschmutzten Großstädten entfliehen. «Die gestressten städtischen Körper sollten durch Licht, Luft und Sonne gesunden», sagte Kuratorin Cornelia Regin am Donnerstag im Museum Schloss Herrenhausen. Damals war man beim sogenannten Luftbaden aber nicht komplett nackt, die Männer trugen Badehosen, die Frauen dünne «Lichtkleider». Im Alltag waren für Frauen langärmlige, hochgeschlossene Kleider mit Korsett darunter üblich.
Die bis zum 1. September laufende Schau basiert auf einer einzigartigen FKK-Sammlung, die seit 2011 im Niedersächsischen Institut für Sportgeschichte (NISH) in Hannover aufbewahrt wird. Neben zahlreichen Fotografien, Schriften und Plakaten sind auch historische Filme und Tondokumente zu sehen. Zudem haben die Ausstellungsmacher eine sogenannte Lufthütte nachbauen lassen: In Sanatorien wurde in diesen kleinen Holzhäusern möglichst unbekleidet Luft und Licht getankt. Der Architekt Albin Müller zum Beispiel entwarf für das im Jahr 1900 gegründete Sanatorium Dr. Barner in Braunlage im Harz eine solche Lufthütte.
Die Ausstellung streift auch die Situation der FKK-Vereine während des Nationalsozialismus und die unterschiedliche Entwicklung der Bewegung nach der Teilung Deutschlands in der BRD beziehungsweise DDR. Aus der heutigen Zeit sind Fotografien von Julia Gaes zu sehen, die 2014 bis 2019 eine Nacktwandergruppe mit der Kamera begleitete.
«Deutschland hat eine reiche kulturelle und historische Tradition in Bezug auf Nacktheit und Naturismus», sagte Alfred Sigloch, Vorsitzender des Deutschen Verbands für Freikörperkultur (DFK) der dpa. Während der Corona-Zeit hätten viele FKK-Vereine Zulauf gehabt. Die Mitgliederzahl im Bundesverband sei von 30 000 vor fünf Jahren auf zwischenzeitlich fast 34 000 angewachsen. «Dies lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass die Pandemie viele Menschen dazu ermutigt hat, alternative und gesunde Freizeitaktivitäten im Freien zu suchen», sagte Sigloch.
Das Museum Schloss Herrenhausen in der wieder aufgebauten Sommerresidenz der Welfen präsentiert neben der Sonderausstellung «Unter Nackten» in seiner Dauerausstellung barocke Schätze und berühmte Persönlichkeiten aus Hannovers Geschichte. Die Eintrittskarte schließt den Besuch des Großen Gartens und des Berggartens ein.
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