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Künstlerin wehrt sich gegen CDU-Kritik

Blick auf den Eingang der Kunsthalle Osnabrück. / Foto: Friso Gentsch/dpa
Blick auf den Eingang der Kunsthalle Osnabrück. / Foto: Friso Gentsch/dpa

Die Künstlerin Sophia Süßmilch hat im Kontext ihrer umstrittenen Ausstellung in Osnabrück Morddrohungen erhalten. Eine Sprecherin der Kunsthalle bestätigte entsprechende Medienberichte. Süßmilch wolle gegen die Drohungen juristisch vorgehen. Die am Samstag eröffnete Ausstellung mit Arbeiten Süßmilchs und anderer Künstlerinnen und Künstler unter dem Obertitel «Kinder, hört mal alle her» hatte nach einem Boykottaufruf der Osnabrücker CDU überregional Aufmerksamkeit bekommen. Die Ausstellung stelle Werke aus, die inhaltlich und visuell inakzeptabel seien, hieß es in einer Mitteilung des CDU-Fraktionsvorsitzenden im Osnabrücker Stadtrat, Marius Keite. Mit Blick auf die Arbeit Süßmilchs hieß es, das Werk propagiere kannibalistische Fantasien. «Wir können und wollen nicht hinnehmen, dass unter dem Deckmantel der Kunst derartige groteske und verstörende Darstellungen öffentlich gezeigt werden.»

Süßmilch sagte in einem Interview des Norddeutschen Rundfunks (NDR), der CDU in Osnabrück gehe es nicht um ihre Person, sondern um die Abschaffung der Kunsthalle. Ihr gehe es in ihrer Kunst darum, dass ein Frauenkörper zunächst einmal ein Frauenkörper sei. «Aber ich glaube, das ist ganz schwierig für die CDU; die empfinden dadurch eine ganz starke Bedrohung.» Sie warf der CDU in Osnabrück ein «dreistes und freches Framing» vor. Es gehe ihr nicht darum, einzelne Personen in ihren Gefühlen zu verletzen, sagte Süßmilch dem NDR. «Aber mir geht es drum, politisch darauf aufmerksam zu machen, was in der Welt an Unterdrückung geschieht und eine Umkehrung zu schaffen.»

Sie wolle in der Ausstellung aufmerksam machen, wie mit Frauen und Frauenkörpern in der Gesellschaft umgegangen werde. In den USA würden zum Beispiel in manchen Bundesstaaten elf- oder zwölfjährige Vergewaltigungsopfer zum Austragen des Kindes gezwungen. «Und ich habe mir in der Ausstellung erlaubt: Was wäre denn, wenn wir die Machtverhältnisse umkehren? Wenn alle Frauen sich weigern würden zu gebären und wir die Herrschaft an uns reißen?»

Kannibalismus sei in der Literatur ein häufig verwendetes Schema - sie sehe darin eine Metapher der Doppeldeutigkeit, der Grausamkeit und auch der unendlichen Liebe, die der Mensch in sich haben könne, erklärte Süßmilch.

Der Fraktionsgeschäftsführer der CDU im Osnabrücker Rat, Robert Schirmbeck, sagte, seine Partei übe schon seit längerer Zeit Kritik an der Ausrichtung der Kunsthalle. «Grundsätzlich ist Kunst frei in der Art und Weise, wie sie auftritt. Aber ob das mit Fördermitteln der Stadt und unter dem Etikett der familienfreundlichen Ausstellung stattfinden muss, das ziehen wir in Zweifel.»

Jüngsten Zahlen zufolge habe die Kunsthalle derzeit im Durchschnitt sieben zahlende Besucher am Tag. Das sei angesichts der Fördermittel der Stadt für die Einrichtung nicht verhältnismäßig. Die Kunsthalle müsse mehr anbieten für Menschen, die sich vom derzeitigen Programm nicht angesprochen fühlten, sagte Schirmbeck.

Kunst dürfe provozieren und auch Themen berühren, die nicht allgemein auf Zustimmung stießen. «Unser Thema ist: Muss so etwas in einer von der Stadt Osnabrück geförderten und für die breite Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Ausstellungshalle durchgeführt werden oder gibt es da nicht andere Möglichkeiten, wo diese Kunst gezeigt werden kann?», sagte Schirmbeck. Denkbar seien private oder von Stiftungen finanzierte Ausstellungen. In der kommenden Woche wolle sich die Kreisvorsitzende der CDU Osnabrück, Verena Kämmerling, mit den beiden Direktorinnen der Kunsthalle zu einem Gespräch treffen.

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