Erst Totschlag, nun Mord: Im zweiten Prozess um eine erstochene Frau hat das Landgericht Verden ein härteres Urteil gefällt. Der Angeklagte habe seine ehemalige Partnerin heimtückisch ermordet und müsse deshalb lebenslang ins Gefängnis, sagte die Vorsitzende Richterin. In einem ersten Verfahren hatte der Bulgare eine Freiheitsstrafe von zehneinhalb Jahren wegen Totschlags bekommen.
Das Gericht ist überzeugt, dass der Angeklagte seine ehemalige Partnerin mit bis zu 20 Messerstichen umgebracht hat. Der zweijährige Sohn habe mit ansehen müssen, wie sein eigener Vater seine Mutter getötet habe, sagte die Vorsitzende Richterin. «Das Kind hat durch die Tat beide Eltern verloren.»
Ausspioniert und mit einem Messer aufgelauert
Nach Angaben des Gerichts lernte sich das Paar 2018 kennen, nur ein Jahr später wurde die Frau schwanger. Die Beziehung sei konfliktreich gewesen, die junge Frau gewalttätig. Nach der Trennung im Frühjahr 2022 sei der Angeklagte aus der gemeinsamen Wohnung in Bad Fallingbostel (Heidekreis) ausgezogen.
Er habe sich heimlich Zutritt zu einer leerstehenden Wohnung gegenüber verschafft und von dort aus längere Zeit seine ehemalige Partnerin beobachtet. Er soll der 24-Jährigen in Nachrichten mehrfach mit dem Tod gedroht haben.
Im August 2022 lauerte der Bulgare seiner Ex mit einem Messer auf, wie das Gericht weiter feststellte. Als sie mit dem gemeinsamen Sohn von einem Treffen mit ihrem neuen Freund zurückgekommen sei, habe er im Treppenhaus zugestochen.
Die 24-Jährige habe Pfefferspray versprüht und sei ins Freie geflüchtet. Dort habe der Angeklagte sie eingeholt, sie in den Schwitzkasten genommen und weiter zugestochen. Die Frau habe bis zu 20 Messerstiche erlitten und sei sofort gestorben.
Angeklagter: «Ich wollte nicht die Mutter meines Kindes töten»
Der Verteidiger schilderte vor Gericht einen anderen Ablauf: Der Angeklagte habe sich rein zufällig in der Wohnung gegenüber einquartiert. Die Morddrohungen habe er nie ernst gemeint. An dem Vormittag im August habe der heute 36-Jährige nur Müll im Keller entsorgen wollen. Das Messer in der Hand habe nicht als Waffe gedient, sondern um die Kellertür zu öffnen.
Im Treppenhaus traf der Mann zufällig auf seine ehemalige Partnerin, wie der Verteidiger weiter ausführte. Sie habe ihn gleich mit Pfefferspray attackiert. Sein Mandant habe aus Notwehr gehandelt, erklärte der Verteidiger. Mit 20 Stichen habe er zwar «das erforderliche Maß der Abwehr überschritten» - doch nur aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken.
«Ich wollte nicht die Mutter meines Kindes töten», beteuerte der 36-Jährige schließlich selbst vor Gericht. Sein Verteidiger beantragte Freispruch, die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage jeweils lebenslange Haft wegen heimtückischen Mordes.
Mordurteil im zweiten Anlauf
Die Aussage des Angeklagten sei «nicht glaubhaft», urteilte die Vorsitzende Richterin. Zeugen, eine Rechtsmedizinerin und Chatnachrichten zeigten ein anderes Bild. Der Angeklagte habe den Tod der 24-Jährigen lange geplant und schließlich in die Tat umgesetzt. «Er ist kontrolliert und zielgerichtet vorgegangen», betonte die Vorsitzende Richterin.
Im ersten Verfahren Anfang 2023 war das Landgericht zwar auch von der Schuld des Angeklagten überzeugt, das Urteil fiel mit Totschlag allerdings milder aus. Hinweise auf einen Mord - insbesondere Heimtücke - stellte die Kammer damals nicht fest.
Die Nebenklage legte daraufhin Revision ein und bekam Recht. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil im Frühjahr auf, weil die Beweise zum Mordmerkmal der Heimtücke nicht richtig beachtet worden seien. Der Fall musste noch einmal verhandelt werden.
Der Angeklagte ermordete seine ehemalige Partnerin heimtückisch, stellte die Vorsitzende Richterin nun fest. Er habe einen «Überraschungsmoment» abgepasst, die junge Mutter sei arg- und wehrlos gewesen. Nach Entscheidung des Gerichts muss der Angeklagte lebenslang in Haft und den Eltern des Opfers 20.000 Euro mit Zinsen zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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