Sie zocken Videospiele, plaudern und beantworten Fragen: Seit Dezember streamt die Polizei Hannover rund drei Stunden pro Woche auf der vor allem bei Gamern beliebten Plattform Twitch - als nach eigenen Angabe erste Polizeibehörde in Deutschland. Fast 20.000 Menschen haben den Kanal mittlerweile abonniert. Was bringt das Pilotprojekt?
«Wir erreichen Menschen, an die wir auf anderem Wege nicht rankommen», sagte Polizeivizepräsident Thorsten Massinger vor dem ersten Stream. «Man sieht im Netz viele üble Dinge, allein schon in den Kommentaren, aber beispielsweise auch beim Phänomen des Cyber-Groomings, und das zeigt, dass wir dort aktiv sein müssen.» Darüber hinaus sei Twitch hervorragend für die Nachwuchsgewinnung geeignet.
Lockere Atmosphäre und ernsthafte Aufklärung
Die ersten Wochen scheinen das zu bestätigen: Mit einem Kernteam von fünf «Twitch-Officers» hat sich die Polizei schnell eine rege Community aufgebaut. Während die Polizisten zum Beispiel Spiele wie «Autobahn Polizei Simulator 3» oder die Fußball-Simulation «EA Sports FC 25» spielen, kommen sie per Chat mit den Zuschauern ins Gespräch - und können so in lockerer Atmosphäre Fragen zu ihrem Beruf oder der Strafverfolgung beantworten.
Dabei platziert die Polizei auch ernsthafte Themen - etwa mit einer Folge zu Sextortion, also der Erpressung mit Nacktbildern, zu Cyber-Grooming, der Ansprache von Minderjährigen im Netz mit dem Ziel des sexuellen Missbrauchs oder zur Frage, wie man Fake News erkennen kann.
An diesem Wochenende ist geplant, im Laufe des Sonntags auch über das Einsatzgeschehen der Polizei beim Niedersachsen-Derby Hannover 96 gegen Eintracht Braunschweig in der zweiten Fußball-Bundesliga zu informieren. Was die Polizisten auf Twitch hingegen nicht kommentieren, sind Polizeieinsätze in anderen Orten, Gerichtsurteile und politische Debatten.
«Das Zwischenfazit fällt sehr gut aus»
Inklusive Vorbereitung und Auswertung der Streams haben die Mitglieder des Twitch-Kernteams bei der Polizei jeweils fünf Stunden pro Woche Zeit für das zunächst auf ein halbes Jahr ausgelegte Projekt. Hauptamtlich sind sie weiter in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt: der 34 Jahre alte «Sini» etwa als Ermittler von Pädokriminalität, «Janni» (32) in der Öffentlichkeitsarbeit und Kommissarin «Jo» (24) im Einsatz- und Streifendienst. Ihre bürgerlichen Namen sollen nicht veröffentlicht werden.
«Das Zwischenfazit fällt sehr gut aus», sagte Polizeisprecher Michael Bertram - nicht nur gemessen an der Followerzahl. «Was uns freut, ist insbesondere die Resonanz aus der Community. Wir sind richtig gut angenommen worden.»
Andere Polizeistellen und Behörden interessierten sich für das Projekt, auch im Ausland. Und das Ziel der Nachwuchsgewinnung könnte aufgehen: Vor wenigen Tagen habe sich eine Twitch-Zuschauerin nach einem Stream per Mail gemeldet, um herauszufinden, welche Perspektiven die Polizei Hannover ihr nach ihrer IT-Ausbildung bieten könne, berichtete Bertram.
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