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Gericht schickt falsche Ärztin in Psychiatrie

Eine junge Frau hat nach Überzeugung des Landgerichts Osnabrück als falsche Ärztin in Krankenhäusern gearbeitet - nun soll sie in die Psychiatrie eingewiesen werden. (Archivfoto) / Foto: Friso Gentsch/dpa
Eine junge Frau hat nach Überzeugung des Landgerichts Osnabrück als falsche Ärztin in Krankenhäusern gearbeitet - nun soll sie in die Psychiatrie eingewiesen werden. (Archivfoto) / Foto: Friso Gentsch/dpa

Eine junge Frau bewirbt sich mit einer gefälschten Urkunde als Ärztin - und wird angestellt. Das Gericht sieht eine Persönlichkeitsstörung als Grund. Die Angeklagte soll in psychiatrische Behandlung.

Sie wollte unbedingt Ärztin sein. Aber anstatt das Ziel mit guten Noten in der Schule und einem langjährigen Studium zu erreichen, fälschte eine junge Frau nach Ansicht des Landgerichts Osnabrück Schulzeugnisse und die Approbationsurkunde. 

Die Große Jugendkammer ordnete die Unterbringung der 23-Jährigen in einer psychiatrischen Klinik an. Zu groß sei die Gefahr, dass die junge Frau sonst wieder versuche, als falsche Ärztin zu arbeiten, begründete die Vorsitzende Richterin Nadine Laatz-Petersohn. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Gericht legte seiner Entscheidung ein psychiatrisches Gutachten zugrunde, wonach die Angeklagte eine krankhafte Persönlichkeitsstruktur aufweise, erklärte Laatz-Petersohn. Sie habe eine verminderte Steuerungsfähigkeit. «Ihnen muss geholfen werden, und die Allgemeinheit muss geschützt werden», sagte die Richterin. Bis zum Schluss der Beweisaufnahme habe die Angeklagte ein Lügenkonstrukt aufrechterhalten und dem Gericht offenkundig gefälschte Zeugnisse vorgelegt.

Approbationsurkunde gefälscht

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte sich mit Hilfe einer gefälschten Approbationsurkunde im Jahr 2022 bei zwei Kliniken in Debstedt (Landkreis Cuxhaven) und im emsländischen Meppen erfolgreich beworben hatte. In Debstedt arbeitete sie kurz als Anästhesistin, allerdings ohne Patienten zu behandeln. Ihre mangelnde Qualifikation fiel auf und sie erhielt die Kündigung. 

Nach ihrer Entlassung dort bewarb sie sich in Meppen und arbeitete in der Notaufnahme. Dort behandelte sie auch Patienten, indem sie Betäubungsspritzen setzte und Wunden vernähte.

Kein «Plan B» zum Beruf der Ärztin

Laut dem psychiatrischen Gutachter habe es für die Angeklagte keinen «Plan B» zum Beruf der Ärztin gegeben, sagte die Richterin. Mit diesem Berufswunsch habe sie aus dem Schatten ihres Bruders, vielleicht auch ihrer Familie treten wollen, sagte die Richterin. 

Die notwendigen Zeugnisse habe sie gefälscht. Es sei damit zu rechnen, dass sie immer wieder versuchen würde, als Medizinerin zu arbeiten. Die Gefahr, dass dabei am Ende auch Patienten sterben könnten, sei zu groß, als dass es die Kammer bei einer Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht belassen könnte.

Angeklagt war sie unter anderem wegen Betrugs und gefährlicher Körperverletzung. Eine Haftstrafe komme aber wegen der Persönlichkeitsstruktur der jungen Frau nicht in Betracht, sagte die Richterin. Der Verteidiger hatte eine Bewährungsstrafe gefordert.

Gericht sieht Gefahr für Allgemeinheit

Inzwischen hat die Angeklagte ein Medizinstudium aufgenommen und arbeitet nach Angaben der Richterin in einem Aushilfsjob im OP. Die Kammer sei davon überzeugt, dass die von der Frau vorgelegten Zeugnisse der Hochschulreife gefälscht seien, sagte Laatz-Petersohn. 

Selbst das Strafverfahren habe sie nicht davon abgehalten, weiterhin ein Konstrukt von Lügen aufrechtzuerhalten. Das belege, dass die Angeklagte nicht ausreichend in der Lage sei, sich selbst zu steuern. Es müsse verhindert werden, dass die junge Frau erneut als Ärztin arbeite. Dazu habe das Gericht zum «schärfsten Schwert» greifen müssen - die Einweisung auf unbestimmte Zeit in eine psychiatrische Klinik.

Zeugnisse gefälscht

Die junge Frau war mit ihrer Familie 2006 in die USA ausgewandert. 2019 kam die Familie wieder nach Deutschland zurück. In den USA erwarb sie einen Schulabschluss, der der deutschen Mittleren Reife entsprach. Nach Überzeugung des Gerichts hatte sie die Zeugnisse, die ihr die Hochschulreife attestierten, gefälscht.

Staatsanwalt und Richterin erkannten aber auch «systemische Ursachen» dafür, dass die junge Frau ohne Weiteres Stellen als Ärztin bekommen hatte. Es gebe kein bundesweites Zentralregister, in dem die Approbation von Medizinern verzeichnet werde. Die Urkunden seien je nach Bundesland verschieden. 

Einstellung war «Massengeschäft»

Und die Kliniken hätten auch nicht die Möglichkeit, sich bei den ausstellenden Behörden zu erkundigen, ob die vorgelegten Dokumente echt seien, sagte Laatz-Petersohn: Das verbiete der Datenschutz in Deutschland. 

Letztlich hätten sich in den Kliniken die Chefärzte auf die Angaben der Personalabteilung verlassen und umgekehrt, sagte die Richterin: «Bei der Einstellung handelte es sich offenbar um eine Art Massengeschäft.» 

Ex-Freund belastet

Die Angeklagte hatte zu Beginn der Hauptverhandlung die Vorwürfe eingeräumt. Sie hatte ihren damaligen Freund beschuldigt, sie dazu gezwungen zu haben, als Ärztin zu arbeiten. Er soll ihren Angaben zufolge auch die gefälschte Approbationsurkunde besorgt haben. Der als Zeuge geladene Ex-Freund widersprach dieser Darstellung - und das Gericht glaubte ihm.

Die Hochstaplerin war letzten Endes nur enttarnt worden, weil ein Rettungssanitäter, der sie privat kennengelernt hatte, misstrauisch wurde, als sie behauptete, Ärztin zu sein. Schon nach einer kurzen Unterhaltung sei ihm klar geworden, dass die junge Frau nicht die notwendigen Fachkenntnisse hatte, sagte die Richterin. Als der Rettungssanitäter erfuhr, dass sie in Meppen arbeitete, informierte er die Klinik.

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