Einsatzkräfte werden in Niedersachsen weiterhin häufig Opfer von Gewalt. Im vergangenen Jahr waren es 4.467 Fälle und damit einer mehr als noch im Jahr zuvor, wie das Innenministerium in Hannover mitteilte. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 2018 waren es beispielsweise noch rund 3.200 Gewaltfälle. Somit wurden im vergangenen Jahr durchschnittlich etwa zwölf Fälle pro Tag registriert. Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach von einem bundesweit steigenden Phänomen.
2023 wurden landesweit insgesamt 10.430 Opfer verzeichnet, rund 300 mehr als noch 2022. Weniger Einsatzkräfte wurden hingegen bei den Fällen verletzt. 2023 waren es 1.628, ein Jahr zuvor noch 1.661.
Männer deutlich häufiger tatverdächtig
Tatverdächtige: Rund 85 Prozent der Tatverdächtigen waren im vergangenen Jahr Männer und etwa 70 Prozent mit deutscher Staatsangehörigkeit. Bei mehr als der Hälfte der Verdächtigen wurde eine Alkoholisierung festgestellt. Innenministerin Behrens sagte: «Es sind deutsche erwachsene Männer, die besoffen durch die Gegend ziehen und Menschen in Uniform angreifen. So einfach kann man es auf den Punkt bringen.» Weiter sagte die Ministerin: «Opfern ist das relativ egal, von wem sie angegriffen werden. Das ist nicht schöner, wenn es ein Deutscher ist, als wenn es ein Nichtdeutscher ist.»
Zuletzt gab es Diskussionen darüber, ob die Nationalität von Tatverdächtigen grundsätzlich in Auskünften für Medien genannt werden soll. Nordrhein-Westfalen will einen solchen Schritt gehen und begründete dies etwa mit mehr Transparenz. Niedersachsen plant einen solchen Schritt hingegen nicht. Der bisherige Ansatz, die Nationalität nur in Ausnahmefällen zu nennen, habe sich bewährt, hieß es vor wenigen Tagen aus dem Innenministerium.
Polizeigewerkschaft: Stagnation kein Trost
Polizei: Bei der Gewalt gegen Polizeikräfte blieb die Zahl mit 4.245 Fällen fast identisch im Vergleich zu 2022. Die Zahl der Opfer stieg um mehr als 300 auf etwas mehr als 10.000 im vergangenen Jahr. 1.539 Kräfte wurden verletzt, etwas weniger als noch im Jahr zuvor. Auch hier zeigte sich in den vergangenen Jahren oftmals eine steigende Tendenz.
2018 lag die Zahl der verletzten Polizisten noch bei etwas mehr als 1.100. Kevin Komolka, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagte: «Dass die Zahl der Delikte gegen Polizeibeschäftigte im letzten Jahr stagniert hat, ist angesichts der hohen Zahl von über 10.000 Opfern kein wirklicher Trost. Wir dürfen uns damit keinesfalls zufriedengeben, sondern müssen in verschiedenen Bereichen aktiv bleiben.»
Feuerwehr: Nach einem Höchststand 2022 (54) ging die Zahl der Fälle im vergangenen Jahr auf 39 zurück. Mit zwölf Kräften wurden genauso viele verletzt wie im Jahr zuvor. Bei den Fällen handelte es sich laut Ministerium überwiegend um tätliche Angriffe und Rohheitsdelikte.
Sonstige Rettungskräfte: Die Zahl der Fälle stieg auf 231 nach 213 ein Jahr zuvor. Mit 77 wurden weniger verletzt als noch 2022 (92).
Ministerin: Angriffe sind absolut inakzeptabel
Behrens dankte der Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten für ihre Arbeit. «Gerade deshalb ist es absolut inakzeptabel, diese Menschen bei der Ausübung ihrer so wichtigen Tätigkeiten anzugreifen, während sie sich für die Sicherheit und das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger einsetzen - sei es verbal, oder mit körperlicher Gewalt.»
Das Problem der Angriffe könne nicht allein durch polizeiliche oder staatliche Maßnahmen gelöst werden, sagte die Ministerin. Es brauche vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Ächtung dieses Verhaltens, betonte Behrens.
Sie verwies zudem auf die in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen, um den Schutz zu verbessern – etwa die flächendeckende Einführung von Bodycams. Bodycams sind Videokameras, die am Körper getragen und beispielsweise eingeschaltet werden, wenn es zu Auseinandersetzungen kommt. Anhand der Aufnahmen können Täter dann mitunter leichter identifiziert werden.
Mehr Mitglieder in freiwilligen Feuerwehren
Behrens legte heute eine weitere Jahresbilanz vor, dabei ging es um freiwillige Feuerwehren im Land. Dies verzeichnen erneut einen Mitgliederzuwachs. Ende 2023 waren es landesweit 131.844 Männer und Frauen, die sich ehrenamtlich engagierten - und damit 1.262 mehr als noch ein Jahr zuvor. Seit 2019 ist die Zahl jährlich gestiegen.
Zwei Drittel der neuen Ehrenamtlichen im vergangenen Jahr sind laut Landesbranddirektor Dieter Rohrberg Frauen. Ihr Anteil an den Einsatzkräften erhöhte sich auf nun 14,6 Prozent. Die Feuerwehren in Niedersachsen wurden im vergangenen Jahr zu rund 125.500 Einsätzen gerufen, etwa 2.100 mehr als noch 2022.
Bei den Kinder- und Jugendfeuerwehren setzte sich der positive Trend bei den Mitgliederzahlen ebenfalls fort. Dort waren laut Ministerium im vergangenen Jahr insgesamt rund 51.500 Mädchen und Jungen aktiv, ein Zuwachs von mehr als 4.100 im Vergleich zum Jahr zuvor.
Innenministerin: Menschen können sich auf Katastrophenschutz verlassen
Der Brand- und Katastrophenschutz im Land war in jüngster Vergangenheit etwa beim Hochwasser um den Jahreswechsel stark gefordert. Behrens dankte den Kräften für ihren Einsatz. «Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass sich die Menschen in Niedersachsen jederzeit auf einen funktionierenden Katastrophenschutz verlassen können», sagte die Ministerin. Die Helferinnen und Helfer sollen für ihren Einsatz mit einer Ehrennadel ausgezeichnet werden.
Die Feuerwehr wird wegen verschiedenen Dingen gerufen, nicht allein wegen Brandeinsätzen, Hilfe bei Unwetterschäden oder Unfällen gehören ebenfalls dazu. Landesbranddirektor Rohrberg zeigte sich besorgt über eine weiterhin hohe Anzahl von böswilligen Alarmen. Diese lagen im vergangenen Jahr bei 647 und damit in etwa auf dem Niveau von 2022.
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