Scharfe Sicherheitsmaßnahmen haben den Prozessauftakt vor dem Landgericht Osnabrück wegen Geldautomatensprengungen begleitet. Vor Gericht stehen sieben Männer aus den Niederlanden im Alter von 20 bis 33 Jahren. Sie sollen laut Staatsanwaltschaft Osnabrück zwischen August 2012 und November 2023 in 22 Fällen Geldautomaten gesprengt oder zumindest den Versuch unternommen haben.
Die Sprengungen fanden unter anderem in Niedersachsen, aber vor allem in Nordrhein-Westfalen statt. So wurden unter anderem Taten in Osnabrück, Recklinghausen, Salzgitter, Leichlingen, Viersen, Dinslaken, Mönchengladbach oder Essen angeklagt. Die Beute und der Sachschaden sollen sich zusammen auf mehr als 5,5 Millionen Euro belaufen.
Die Gruppe sei dabei konspirativ und arbeitsteilig vorgegangen, führte die Staatsanwältin in der Anklage aus. Das Auskundschaften möglicher Ziele, die Bereitstellung der Tatfahrzeuge und die Organisation von Kennzeichen, aber auch das Beseitigen von Fahrzeugen sei auf mehreren Schultern verteilt gewesen. Die Organisation der Bande habe einer Firmenstruktur geglichen.
Umfangreiche Anklageschrift
Die Verhandlung begann wegen intensiver mehrfacher Sicherheitsüberprüfungen im Gerichtsgebäude mit großer Verspätung. Vor Verlesung der umfangreichen Anklageschrift kritisierten die Anwälte, dass auch im Sitzungssaal vermummte und bewaffnete Polizisten anwesend seien. Einen Antrag, diese Sicherheitsmaßnahmen aufzuheben, lehnte die Kammer nach einer Beratung ab.
Kritisch wurde von den Verteidigern auch die Öffentlichkeitsarbeit der zuständigen Polizeidirektion Osnabrück gesehen. Ein Fernsehteam habe die Tatverdächtigen für eine Reportage in den Räumen der Osnabrücker Polizei gefilmt, während deren Identität festgestellt worden sei, bemängelten mehrere Rechtsanwälte. Einer der Anwälte wies auf eine mögliche Voreingenommenheit der ehrenamtlichen Richter hin, falls sie die TV-Reportage gesehen haben sollten.
Kritik am Umgang mit Ermittlungsakten
Im Anschluss an die Verlesung der Anklageschrift bemängelten die Anwälte, dass weder ihnen noch dem Gericht von der Staatsanwaltschaft sämtliche Ermittlungsakten zur Verfügung gestellt worden seien. Sie beantragten deshalb die Aussetzung des Verfahrens, bis alle Akten, einschließlich Ermittlungsakten der niederländischen Strafverfolgungsbehörden, gesichtet seien.
Die Vorsitzende Richterin kündigte für den Folgetermin in der kommenden Woche ein Rechtsgespräch mit allen Verfahrensbeteiligten über das weitere Vorgehen im Verfahren an.
Länderübergreifende Ermittlungen
Für die Ermittlungen arbeiteten deutsche und niederländische Ermittler eng zusammen. Anstoß war ein Hinweis niederländischer Behörden nach der Automatensprengung in Osnabrück im August 2021. Im November vergangenen Jahres wurden von der Polizei in den Niederlanden acht mutmaßliche Täter festgenommen. Weitere zehn Bandenmitglieder wurden damaligen Angaben zufolge ebenfalls ermittelt.
Länderübergreifend wurden bei der Razzia im vergangenen Jahr 26 Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht. Auch Sprengstoffspürhunde und niederländische Sprengstoffexperten waren im Einsatz. Der bei den Geldautomatensprengungen verwendete Festsprengstoff wird der Polizei zufolge in Wohngebieten hergestellt und gelagert, wodurch auch Anwohner Gefahren ausgesetzt sind.
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