In Niedersachsen leiden im laufenden Jahr ungewöhnlich viele Menschen an Keuchhusten. Bis Ende Juli habe das Robert Koch-Institut in seiner Statistik landesweit 555 Fälle ausgewiesen, teilte die Barmer-Krankenversicherung mit. Im Vorjahr waren es demnach bis zur 30. Kalenderwoche nur 73 Fälle. Derzeit sinke allerdings die Zahl der Meldefälle, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Landesgesundheitsamts - von zuvor etwa 60 Fällen pro Woche auf 20 Fälle pro Woche.
Als einen Grund für die hohe Fallzahl sieht die Barmer einen Nachholeffekt der Corona-Pandemie. Ein weiterer Grund: mangelnder Impfschutz der Erwachsenen. «Keuchhusten wird von vielen Erwachsenen unterschätzt», erklärte Barmer-Landesgeschäftsführerin Heike Sander. Denn sie hielten Keuchhusten, medizinisch Pertussis genannt, für eine Kinderkrankheit. «Inzwischen treten aber die meisten Keuchhusten-Fälle laut Robert Koch-Institut bei Erwachsenen auf», mahnte Sander. «Das liegt auch daran, dass die Älteren häufig nicht gegen Keuchhusten geimpft sind.» Diese sollten ihren Impfstatus überprüfen lassen.
Krankheitsverlauf bei Kindern und Erwachsenen unterschiedlich
Keuchhusten wird den Angaben zufolge durch das Bakterium Bordetella pertussis verursacht. Zweifelsfrei nachweisen lasse sich der Krankheitserreger durch einen Nasen-Rachen-Abstrich und eine Blutuntersuchung. «Keuchhusten verläuft bei Erwachsenen und Kindern nicht identisch. Der Husten ist bei Erwachsenen zwar langanhaltend, aber weniger heftig», sagte Sander. «Auch das typische Keuchen, Erbrechen und Fieber treten bei ihnen seltener auf als bei erkrankten Kindern. Das kann dazu führen, dass Keuchhusten bei Erwachsenen nicht immer diagnostiziert wird und wir eine hohe Dunkelziffer haben.»
In der Regel gebe es drei Krankheitsstadien: Laut Barmer gleicht Keuchhusten in den ersten ein bis zwei Wochen einer starken Erkältung mit leichtem Fieber - dann sind infizierte Menschen besonders ansteckend. Danach beginnt demnach die sogenannte Anfallphase mit krampfartigem Husten und keuchenden Geräuschen beim Einatmen. Kinder müssten sich oft übergeben. In der dritten Phase klingen die Symptome ab, was bis zu zehn Wochen dauern kann. Ungeimpfte könnten ältere Menschen und Babys anstecken, bei denen es zu schweren Komplikationen kommen und die Krankheit lebensbedrohlich sein könne.
Steigende Fallzahlen auch in anderen Bundesländern
Auch in anderen Bundesländern ist die Zahl der Keuchhustenfälle höher als im Vorjahr: In Hamburg wurden nach Barmer-Angaben bis Ende Juli 194 Fälle registriert - nach 48 Fällen im Vorjahreszeitraum. In Hessen wurden laut Gesundheitsministerium in diesem Jahr bislang 440 Fälle von Keuchhusten gemeldet. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Jahr waren es 150 Fälle.
Die Krankenversicherung warnte, an Keuchhusten könne man mehrmals erkranken, nach einer überstandenen Erkrankung bestehe keine lebenslange Immunität. Der beste Schutz: eine Impfung. Erwachsene sollten sich einmalig impfen lassen, mit einer Auffrischungsimpfung alle zehn Jahre.
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