Erneut sind in Niedersachsen Strafverfahren nach dem Singen eines rassistischen Textes zur Melodie des Party-Hits «L'amour toujours» wegen des Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet worden. Im Landkreis Gifhorn sei es am Freitagabend und in der Nacht zu Samstag im Umfeld von Schützenfesten zu zwei solcher Fälle gekommen, teilte ein Polizeisprecher mit.
Der erste Fall ereignete sich demnach am Freitagabend im Zusammenhang mit dem Schützenfest in der Gemeinde Isenbüttel. Eine 39 Jahre alte Frau meldete sich bei der Polizei: Als sie mit ihrer Familie das Schützenfest verlassen habe, sei auf dem Vorplatz aus einer Gruppe von etwa zehn Jugendlichen heraus die Parole «Ausländer raus» zu der Melodie gesungen worden. Einer der Jugendliche habe außerdem ein Wahlplakat der AfD hochgehalten und auf eine Person der Familie gezeigt. Die verständigten Polizeibeamten trafen die Gruppe nicht mehr an. In diesem Zusammenhang sucht die Polizei nach Zeugen.
Wenige Stunden später sang der Polizei zufolge am frühen Samstagmorgen im Bereich des Schützenplatzes im Ort Meine eine Gruppe «Ausländer raus», eine zweite Gruppe habe in den Gesang eingestimmt. Anwesende Polizeibeamte hätten daraufhin die Gruppen sofort angesprochen. Die Gesänge seien daraufhin beendet worden. In Meine seien gegen neun Personen im Alter von 16 bis 44 Jahren Strafverfahren eingeleitet worden.
Mit Stand 28. Mai waren dem Landeskriminalamt in Niedersachsen 28 Fälle bekanntgeworden, in denen Menschen die rassistisch umgedichtete Version des Liedes «L'amour toujours» gesungen haben, darunter bei mehreren Schützenfesten. Für große Empörung sorgt derzeit ein Video, das junge Besucher einer Bar auf der Nordsee-Insel Sylt zeigt, die zu der Melodie von «L'amour toujours» von Gigi D'Agostino «Ausländer raus» und «Deutschland den Deutschen» grölen.
Das Phänomen einer inhaltlicher Umdichtung des Originaltexts mit ausländerfeindlichen Gesängen wurde dem LKA früheren Angaben zufolge im November 2023 bekannt. Bei der Verbreitung hätten soziale Netzwerke eine große Rolle gespielt. Ermittelt wird, ob das Singen dieser Parolen strafrechtlich als Volksverhetzung zu werten ist. Dabei kommt es immer auf den Kontext an, unter anderem darauf, ob dadurch zu Hass und Gewalt aufgestachelt wurde.
Für Volksverhetzung liegt der Strafrahmen zwischen drei Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe. Wer Videos der rassistischen Gesänge weiterleitet, kann sich nach Angaben des Justizministeriums unter Umständen ebenfalls strafbar machen. In diesem Fall könnten auch Persönlichkeitsrechtsverletzungen infrage kommen.
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